Jul 2011

Doris Liebermann

Die Mauer in der Literatur

»Die Mauer selbst, die ganze Zone des Todes mit Stacheldraht, Wachtürmen und Selbstschussanlagen, nahm […] keine Gestalt an«, beschreibt der 1985 aus der DDR nach West-Berlin ausgereiste Schriftsteller Bernd Wagner in seinem Essay »Mauern« einen Traum, in dem er sich – aus westlicher Sicht – diesseits und jenseits der Grenze befindet.

Vielleicht ist sie unerträumbar, wie sie auch im Wachen nur für den erfahrbar war, der dort Posten stand, und für den, den er zu erschießen hatte, wenn er sie überwinden wollte. […] Sie war so unbegreiflich, daß sie sofort mit ihrem Entstehen zum Symbol wurde, zum Symbol für Ein- und Ausgesperrtsein oder, aus der gemeinsamen Perspektive, die jetzt erst möglich wird, für Trennung.[1]

Ähnlich unbestimmt wie in diesem Zitat beschrieben, figuriert die »Mauer« auch in Texten anderer deutscher Schriftsteller in Ost und West, von denen hier die Rede sein soll. Von der DDR-Seite her war es nur in der Anfangszeit ihrer Existenz möglich, sich der Mauer zu nähern. Nach Zwangsumsiedlungen, Abriss der Grenzhäuser und zunehmend schärferen Kontrollen wurde es Zivilpersonen später nahezu unmöglich gemacht, die »Mauer« aus nächster Nähe in Augenschein zu nehmen. Darüber, wie die Grenzanlagen aufgebaut waren, sollte die DDR-Bevölkerung gezielt in Unkenntnis gehalten werden, galt es doch um jeden Preis, Fluchtversuche aus dem »Arbeiter-und-Bauern-Staat« zu verhindern. Eine Folge dieser Geheimhaltungspolitik ist es unter anderem, dass in den literarischen Texten Fehler wie bei Bernd Wagner auftauchen: An der Berliner Mauer gab es – anders als an der innerdeutschen Grenze – keine Selbstschussanlagen.[2] Da zuverlässige Kenntnisse des Grenzregimes für Schriftsteller in aller Regel nicht zu erlangen waren, sind realistische Beschreibungen der Berliner Mauer in der Literatur kaum zu finden. Wie schwierig es in den letzten Jahren ihres Bestehens war, sich der Mauer von der Ostseite her auch nur zu nähern, schildert der Schriftsteller Lutz Rathenow in seinem Buch Ost-Berlin. Leben vor dem Mauerfall. Er beschreibt dort, wie er das nahe der Mauer gelegene Haus eines christlichen Verlages aufsuchen wollte: »Und wurde vom Wachhabenden zurückgewiesen. Einlass nur mit Sondergenehmigung.«[3] Rathenow, 1952 in Jena geboren, schildert, wie die Mauer ihn zu politischer Haltung zwang. Er beschreibt sie

als Motor, der permanent Spannung erzeugt. Sie fordert heraus, zwingt vieles Alltägliche, sich seiner Oberflächlichkeiten zu entschälen, um auf den Kern zu kommen – möge er auch schwer genießbar sein. Dieses Messer der Geschichte, rabiat einen Ort entzweischneidend, der sich zu mehr auswuchs als den Hälften jener vorher existierenden Stadt. Im Moment der Trennung waren beide Teile am Auseinanderfallen, so dass die Mauer sie zusammenfügte. Ein Reißverschluss. Der Kitt von Ganzberlin. Ihr Name als Metapher für etwas, das eine spröde Hoffnung enthält.[4]

Vor allem sind es jene Autoren, die mit der Politik der DDR in Konflikt gerieten und deren kritische Texte nicht erscheinen durften, sowie jene, die in den Westen ausreisten, die Romane, Erzählungen und Gedichte über die Mauer verfasst haben. Sie umschreiben sie metaphorisch, geschildert werden vor allem ihre physischen und psychischen Folgen. In Stimmungsbildern, in emotionalen Beschreibungen, die häufig einen biographischen Hintergrund haben, formulieren die Autoren den Schmerz über zerrissene Familien, zurückgelassene Freunde und getötete Flüchtlinge. »Der Schnitt ins eigne Fleisch./Der Schnitt durchs Land«[5] lauten zwei Verszeilen in einem Gedicht von Bernd Jentzsch, die diese Befindlichkeit zumeist ostdeutscher Autoren auf einen Nenner bringt. »Die westdeutsche Literatur kann hier, von wenigen Ausnahmen abgesehen, übergangen werden«, zu dieser nüchternen Feststellung kommt der Germanist Jörg Bernhard Bilke.[6] Dass es 1961 jedoch noch ein reges Interesse West-Berliner und westdeutscher Schriftsteller am Schicksal der geteilten Stadt gab, davon zeugt die von Hans Werner Richter im Dezember 1961 herausgegebene Dokumentation Die Mauer oder Der 13. August, in der Briefe, Artikel und Polemiken von Autoren aus Ost und West veröffentlicht sind. Günter Grass’ »Offener Brief an Anna Seghers« vom 14. August 1961 sowie der »Offene Brief an die Mitglieder des Deutschen Schriftstellerverbandes in Ost-Berlin« vom 16. August 1961, in dem Grass zusammen mit dem West-Berliner Schriftsteller Wolfdietrich Schnurre ihre DDR-Kollegen aufforderten, die Stimmen gegen den Mauerbau zu erheben, löste in der DDR u. a. bei Stephan Hermlin, Bruno Apitz, Ludwig Turek abwehrende Reaktionen aus. Im Westen fanden die Appelle von Grass und Schnurre keine ungeteilte Zustimmung.[7] Schnurre trat 1962 aus dem westdeutschen PEN wegen dessen Schweigen zur Berliner Mauer aus.[8]  
Recht konkrete Beschreibungen der Berliner Mauer finden sich in Uwe Johnsons (1934–1984) literarisch anspruchsvollem Roman Zwei Ansichten (1965). Kaum ein anderer Schriftsteller hat die Teilung Deutschlands so stark thematisiert wie der 1959 aus der DDR nach West-Berlin geflohene Schriftsteller. Zwei Ansichten basiert auf einem realen Hintergrund: Johnsons spätere Frau Elisabeth war Anfang 1962 mit einem Pass der damals wichtigsten studentischen West-Berliner Fluchthilfegruppe um Detlef Girrmann, Dieter Thieme und Bodo Köhler aus der DDR geflohen.[9] Das Buch spielt in den Monaten vor und nach dem 13. August 1961. Im Mittelpunkt stehen zwei junge Menschen, der 25-jährige Fotograf B. aus »einer mittelgroßen Landstadt Holsteins« und die 21-jährige Krankenschwester D., die in einer großen Ost-Berliner Klinik arbeitet. Beide, so erfährt der Leser, hatten sich im Januar 1961 in West-Berlin kennen gelernt, der Bau der Mauer trennt das Liebespaar. Durch den Kunstgriff des Schriftstellers, einen Fotografen agieren zu lassen, kann er in seinem Roman immer wieder konkrete Beschreibungen der Grenzsituation im geteilten Berlin vornehmen. Die Aufnahmen des Fotografen, die dieser an westdeutsche Zeitungen verkauft, zeigen

Hohlblockwände, geschichtete Betonplatten«, »verstrebte Stacheldrahtlinien«, »zugemauerte Fenster in Grenzhäusern, Posten auf dreistöckigen Hochständen, mit Hunden im Schußfeld«, »Drahtnetze auf Hausfirsten«, »Sichtblenden«, »Schießscharten«, »Bulldozer und Pioniere, die Gartenlauben und Wohnhäuser räumten.

Er fotografiert auch die Zuschauermenge,

wenn ein Flüchtling im Grenzkanal schon erschossen war, ein Flüchtling schon vom Dach zu Tode gestürzt, […] die im Wasser stochernden Soldaten auf den Wachbooten oder die Löcher im Dach, die der Tote bei seinem Sturz gerissen hatte«, und »die Wolke der Tränengasbombe, die die Horde der Fotografen von der Szene zurücktrieb.[10]

Der junge Mann fühlt sich verpflichtet, die Freundin in den Westen zu holen. Er bekommt in einer Kneipe[11] Kontakt zu einer Fluchthelfergruppe West-Berliner Studenten, die dem Mädchen mittels eines gefälschten Passes zum Grenzübertritt verhelfen wollen. Die Flucht gelingt.
 
Von den DDR-loyalen Texten ist vor allem Christa Wolfs Roman Der geteilte Himmel (1963) hervorzuheben, in dem sie die Geschichte des Liebespaares Rita und Manfred schildert. Der Chemiker Manfred flüchtet nach West-Berlin, seine Freundin Rita sucht ihn dort auf, kehrt aber wenige Tage vor dem 13. August 1961 aus Treue zur Heimat in die DDR zurück: Die Studentin stellt das Klassenbewusstsein über ihr persönliches Glück. Dennoch äußert Christa Wolf in diesem Roman Kritik an der Mauer, denn die Entscheidung gegen den geliebten Mann überfordert die junge Frau, sie bricht zusammen. Schmerz über eine zerrissene Familie formuliert auch Brigitte Reimann in ihrem Roman Die Geschwister (1963) über die Geschwister Elisabeth, Ulrich und Konrad, der die DDR noch vor dem Mauerbau verlässt. Es kommt zu einer Begegnung der Schwester mit dem Bruder Konrad im Hotel Kempinski in West-Berlin, bei dem Elisabeth die Beziehung zu Konrad abbricht:

Die unselige Grenze zerschnitt das weiße, damasten glänzende Tischtuch – der unsichtbare Schlagbaum, der mitten durch unsere Familie ging […][12].

Der zweite Bruder, der ebenfalls Fluchtabsichten hat, wird vom Verlobten der Schwester vom Bleiben in der DDR überzeugt.
 
Das Thema Republikflucht taucht auch in Hermann Kants Roman Die Aula (1965) auf; Karl Mickels Gedicht »Ansprache des Arbeiters D. an einen neuen alten Kollegen« (1961) verurteilt das Grenzgängertum eines Arbeitskollegen.[13] Auseinandersetzungen bis in die Gegenwart hinein[14] löste Volker Brauns Gedicht »Die Mauer« aus, das in unterschiedlichen Versionen in der Bundesrepublik und in der DDR erschien. Während es in der 1966 im Westen veröffentlichten Fassung mit dem Titel »Die Mauer« heißt:

Aber/Ich sag: es bleibt Dreck, es steht/Da durch die Stadt, unstattlich/Es stinkt zum offenen Himmel, der Baukunst/Langer Unbau, streicht ihn schwarz/Die Brandmauer, nehmt die Fahnen ab/Ich sage: es ist ein/ Schundbau, scheißt drauf//,

lauten die 1972 in der DDR unter dem Titel »Die Grenze« erschienenen Verse:

Aber/Ich sag: es steht durch die Stadt/Unstattlich, der Baukunst langer Unbau/ Streicht das schwarz/Die Brandmauer (scheißt drauf).[15]

Eine eindeutige ideologische Haltung, die den »antifaschistischen Schutzwall« rechtfertigt, findet man vor allem bei den dichtenden Grenzsoldaten. So erschien im Deutschen Militärverlag in Ost-Berlin 1969 eine Anthologie mit dem Titel Grüne Leuchtkugeln. Sie enthält Erzählungen und Gedichte, die von »Angehörigen der Arbeitsgemeinschaft schreibender Soldaten des Kommandos der Grenztruppen« verfasst wurden. Ausgewählt und herausgegeben hat die Texte Helmut Preißler, der »künstlerische Leiter« der Arbeitsgemeinschaft.[16] Der Bau der Mauer wird mit Friedenssicherung und Verteidigung gegen die »braunen Herren«, die Altnazis im Westen, begründet. Zwar tauchen in diesen Texten immer wieder einzelne Elemente der Grenzanlagen wie »Stacheldraht«, »Sperren«, »Stahl«, »Beton« oder »Beobachtungsturm« auf, detaillierte architektonische Beschreibungen sind hier jedoch aus den genannten Gründen nie zu finden. Besonders beflissen äußert sich in diesem Sammelband ein gewisser Major Erhard Dix, von dem nicht weniger als acht Gedichte und Prosatexte abgedruckt sind. Im Gedicht »13. August 1961« lautet die erste Strophe:

Arbeiter lenken die Panzerketten./Der Kommandeur ist ein Bauernsohn./ Er steht hoch im Turm, um den Frieden zu retten,/bei sich die Sträuße aus Astern und Mohn.

Die Blumen stehen symbolisch für die Unterstützung durch die Werktätigen der DDR, denn der letzte Vers des Gedichts lautet: »Und die Blumen zeigen: Ihr seid nicht allein.«[17] Ein anderes Gedicht des Majors trägt den Titel »Stacheldraht«. Darin heißt es:

Wie Soldaten stehn die Pfosten,/über Kreuz spannt Stacheldraht./Hinter ihnen stehen Posten,/um Berlin geht eine Naht.[18]

In ähnlichem Duktus sind auch die übrigen Texte gehalten: Die Angreifer, die als »braun« und »reaktionär« gekennzeichnet sind, kommen aus dem Westen, vor ihnen müssen die Grenzsoldaten die friedliebenden Werktätigen der DDR schützen.
 

»Ich möchte am liebsten weg sein und bleibe am liebsten hier«[19]: Wolf Biermann und die Mauer

»In die Länge gezogenes National-Denkmal Germanias«, »versteinertes und verstacheldrahtetes Monster«, »Menschenfalle«[20], »Falle aus Beton und Draht«[21], »Eisenkamm«[22], »Drecksverband«[23] – Auf solche Sprachbilder kommt der Dichter und Liedermacher Wolf Biermann, der sich produktiv und metaphernreich über die Mauer und in den späteren Jahren auch selbstkritisch über seine Haltung zu ihr geäußert hat.[24]  
Während er in der DDR lebte, war Biermann überzeugter Kommunist. Und doch findet sich keine vordergründige ideologische Argumentation bei ihm, die den »antifaschistischen Schutzwall« verteidigt hätte. Biermann hält die DDR zwar für das bessere Deutschland, unterdrückt aber trotzdem seinen Schmerz über die Teilung des Landes nicht. In dem Lied »Es senkt das deutsche Dunkel« kommt dies zum Ausdruck:

Es senkt das deutsche Dunkel/Sich über mein Gemüt/Es dunkelt übermächtig/ In meinem Lied//Das kommt, weil ich mein Deutschland/So tief zerrissen seh/ Ich lieg in der bessren Hälfte//Und habe doppelt Weh.[25]

Der Schmerz hinderte ihn allerdings nicht daran, im Lied »Enfant perdu« die Flucht von Florian Havemann, dem Sohn seines Freundes Robert Havemann, 1971 aus der DDR zu verurteilen.[26]  
Biermann, 1936 in Hamburg geboren, übersiedelte 1953 in die DDR, um mit DDR-Ausweis dort zu leben. Ab 1960 entstanden erste Lieder und Gedichte. Mit Freunden baute er ein altes Kino zum Berliner Arbeiter- und Studententheater (b. a. t.) um. »Berliner Brautgang« hieß das erste Stück, es handelte vom Mauerbau. Obwohl er darin nach eigenen Aussagen den Mauerbau verteidigte,[27] wurde das Theater noch vor der Premiere geschlossen. Biermanns Karriere begann mit einem Verbot. 1968 äußerte er in der »Ballade vom Dichter François Villon« unverblümt Kritik an der Mauer und bekundete seine Solidarität mit dem französischen Dichter – und zwar gegen jene, die seine Genossen sein müssten. Über Villon, der in der Ballade in seinem Zimmer wohnt, heißt es:

Besucht mich abends mal Marie/Dann geht Villon so lang/Spazieren auf der Mauer und/Macht dort die Posten bang/Die Kugeln gehen durch ihn durch/ Doch aus den Löchern fließt/Bei Franz Villon nicht Blut heraus/Nur Rotwein sich ergießt//Dann spielt er auf dem Stacheldraht/Aus Jux die große Harfe/ Die Grenzer schießen Rhythmus zu/Verschieden nach Bedarfe/Erst wenn Marie mich gegen früh/Fast ausgetrunken hat/Und steht Marie ganz leise auf/ Zur Arbeit in die Stadt/Dann kommt Villon und hustet wild/Drei Pfund Patronenblei/ Und flucht und spuckt und ist doch voll/Verständnis für uns zwei.[28]

Vor 1965 durfte Biermann auf Einladung des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes in den Westen reisen. Gemeinsam mit dem West-Berliner Kabarettisten Wolfgang Neuss trat er in West-Berlin und Frankfurt auf; weitere Einladungen aus dem Westen trafen ein. In dieser Zeit entstanden ebenfalls Gedichte über die Mauer und das Gefühl der inneren Zerrissenheit beim Überqueren der Grenze. In Anlehnung an den von ihm verehrten Dichter Heinrich Heine schrieb Biermann ein »Wintermärchen«, dessen Anfangsstrophen lauten:

Im Deutschen Dezember floß die Spree/Von Ost- nach Westberlin/Da schwamm ich mit der Eisenbahn/Hoch über die Mauer hin//Da schwebte ich leicht übern Drahtverhau/Und über die Bluthunde hin/Das ging mir so seltsam ins Gemüt/Und bitter auch durch den Sinn//Das ging mir so bitter in das Herz:/Da unten die treuen Genossen […]/So mancher, der diesen gleichen Weg/Zu Fuß ging wurde erschossen/Manch einer warf sein junges Fleisch/In Drahtverhau und Minenfeld/Durchlöchert läuft der Eimer aus/Wenn die MP von hinten bellt [29].

Diese Strophen brachten ihm 1965 das endgültige Auftritts- und Berufsverbot in der DDR ein, nachdem es seine in Hamburg lebende Mutter Wolfgang Neuss in West-Berlin überbracht und dieser es ungefragt in seiner satirischen Zeitschrift Neuss Deutschland – Organ des Zentralkomiker-Teams der Satirischen Einheitspartei Deutschlands ohne Wissen Biermanns[30] veröffentlicht hatte. Das Auftrittsverbot sollte bis zu Biermanns Ausbürgerung 1976 andauern. Wenige Monate vor seinem legendären Auftritt im November jenes Jahres in Köln entstand die »Ballade vom preußischen Ikarus«, die die zunehmende Zementierung der deutschen Teilung beschreibt:

Der Stacheldraht wächst langsam ein/Tief in die Haut, in Brust und Bein/ins Hirn, in graue Zelln/Umgürtet mit dem Drahtverband/Ist unser Land ein Inselland/umbrandet von bleiernen Welln […] [31].

Gegen die Ausbürgerung Biermanns protestierten bekanntlich dreizehn namhafte Künstler in einem Brief an die DDR-Regierung, der eine Lawine weiterer Proteste auslöste. Ein Exodus sondergleichen setzte ein: Schriftsteller, Maler, Musiker und Schauspieler verließen das Land.
 
Exodus

Einer der bedeutendsten Nachkriegslyriker, Peter Huchel (1903–1981), reiste bereits 1971 nach langjähriger Isolation und Überwachung aus der DDR in den Westen aus. Zu seinen bekanntesten Gedichten zählt »Ophelia«. Anders als bei Shakespeare stirbt Huchels »Ophelia« nicht durch eigene Hand – sie wird an der Grenze erschossen:

Später, am Morgen,/gegen die weiße Dämmerung hin,/das Waten von Stiefeln/ im seichten Gewässer,/das Stoßen von Stangen,/ein raues Kommando,/sie heben die/schlammige/Stacheldrahtreuse.//Kein Königreich,/Ophelia,/wo ein Schrei/ das Wasser höhlt,/ein Zauber/die Kugel/am Weidenblatt zersplittern lässt.[32]

Der Dichter Bernd Jentzsch [33], 1940 in Plauen/Vogtland geboren und in Chemnitz aufgewachsen, hielt sich zur Zeit der Biermann-Ausbürgerung im Herbst 1976 in der Schweiz auf, um Vorbereitungen für die Herausgabe einer Anthologie der Schweizerischen Dichtung des 20. Jahrhunderts abzuschließen.[34] Jentzsch protestierte in einem Offenen Brief an SED-Generalsekretär Erich Honecker gegen die Ausbürgerung Biermanns, schloss sich der Petition der Berliner Künstler an und kehrte nicht mehr in die DDR zurück.[35] In mehreren Gedichten, die in der Schweiz entstanden, thematisierte er die tödliche Gefahr, die die Grenze in Deutschland mit sich brachte. Im Gedicht »Ein Wiesenstück« beschreibt Jentzsch den Tod eines Flüchtlings an der innerdeutschen Grenze: »Der Schuß stehend/freihändig,/Das Bündel zusammengesackt.«[36] Um den Tod eines Flüchtlings geht es auch in Thomas Braschs Erzählung »Fliegen im Gesicht«[37], die 1977 in seinem von der Kritik sehr gelobten Prosaband Vor den Vätern sterben die Söhne im West-Berliner Rotbuch Verlag erschien. Die genauen Todesumstände der literarischen Figur erfährt der Leser nicht. Auch Brasch (1945–2001) unterzeichnete die Resolution gegen die Ausbürgerung Biermanns und siedelte 1977 nach West-Berlin über.[38]  
Nur selten sind Texte namentlich bekannten Opfern der Mauer gewidmet. Eine Ausnahme ist Ulrich Schachts »Epitaph für Marienetta Jirkowsky«[39]. Der 1976 aus einem DDR-Gefängnis in die Bundesrepublik entlassene Lyriker hatte 1980 in einer westdeutschen Zeitung gelesen, dass die junge Frau bei einem Fluchtversuch an der Berliner Mauer ums Leben gekommen war.[40] Schacht, der wie kein anderer Dichter die deutsche Teilung in seinen Gedichten thematisierte, hat auch der Versöhnungskirche, die seit 1961 unzugänglich im Mauerstreifen an der Bernauer Straße stand und 1985 von DDR-Grenztruppen gesprengt wurde, ein Gedicht mit dem Titel »Epitaph für die Versöhnungskirche« gewidmet:

Auf Befehl und Vertrag/eines Morgens stürzt/auf Befehl und Vertrag/ eine Kirche aus unsrem/Gedächtnis auf Befehl/und Vertrag ist Vertrag. [41]

Auch in den Gedichten »Steinstücken« und »Lübars« thematisiert Schacht die Berliner Mauer. In »Lübars« heißt es: »Der Traum hat seine Wand: Davor/das Aug verblutet.«[42] In seinem 1985 entstandenen Gedicht »Tagtraum in B.« nimmt der Lyriker den Mauerfall prophetisch vorweg: »[…] Singt, Leute, die/Mauern sind gefallen […]«[43]. Ein noch in der DDR verfasstes, aber nur im Westen veröffentlichtes Gedicht von Kurt Bartsch (1937–2010), der 1980 mit einem Dauer-Visum nach West-Berlin übersiedelte,[44] spielt ebenfalls in der Bernauer Straße. Auch der Titel lautet »Bernauer Straße«:

Die nächtliche Stadt. Im Stacheldraht/Der Posten zählt die Zigaretten./Noch sind es dreizehn, sieben sind schon Rauch./Und jede war ein kurzer Frieden. [45]

Das »beste Stück Mauerliteratur, das wir haben«, nannte ein Rezensent [46] die noch in der DDR entstandene Erzählung »Satzsuchung« von Hans Joachim Schädlich, in dem sich eine konkrete Beschreibung der Grenzanlagen findet. Auch Schädlich, 1935 in Reichenbach/Vogtland geboren, hatte die Resolution gegen die Ausbürgerung Biermanns unterschrieben. Er reiste mit seiner Familie im Dezember 1977 aus. Nur wenige Monate zuvor war sein Erzählband Versuchte Nähe im westdeutschen Rowohlt Verlag erschienen: 25 poetische, oft allegorische Prosastücke über – so deutete es die Kritik – das Leben in der DDR. In dem Prosatext »Satzsuchung« agiert als Hauptfigur der gelähmte Schriftsteller Scarron, der als reale Person von 1610 bis 1660 in Paris lebte. Durch die Figur suggeriert der Text, das Stück spiele im 17. Jahrhundert in einem anderen Land – nur unschwer ist jedoch in der namentlich nicht genannten Stadt das Ost-Berlin der siebziger Jahre zu erkennen. Scarron bewohnt zwei Zimmer unter dem Dach eines Hauses, das nicht weit von der Mauer entfernt steht. Seine ausgiebigen Betrachtungen über die »Wände« unter seinem Fenster münden in die Feststellung:

Ehe er jedoch den Ausblick unterbricht […], wägt er noch ab, ob es ratsam erscheint, selbstgewählter Inspizierstelle zu versichern, er, Scarron, habe niemals, weder bei Tageslicht noch bei Licht von Lampen und Scheinwerfern, bemerkt, daß wer gelangt wäre unter den Augen wachender Soldaten über: Drahtzaun, Wand, Drahtzaun, Drahtzaun, Drahtzaun, Dreieisen-Doppelreihe, Wand: in dieser Abfolge. [47]

In dem Band Versuchte Nähe gibt es einen weiteren, 1974 entstandenen Text, in dem es – indirekt – um die Mauer geht. In »Einseitige Ansehung« beschreibt der Schriftsteller detailliert, wenn auch verschlüsselt, den Grenzbahnhof Friedrichstraße in Ost-Berlin.[48]  
Auch Klaus Schlesinger (1937–2001) war Unterzeichner der Petition gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns. Er siedelte im März 1980 nach West-Berlin über, wenige Monate, nachdem er zusammen mit acht anderen Autoren [49] aus dem DDR-Schriftstellerverband ausgeschlossen worden war. Für Schlesinger, der im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg aufwuchs, gehörte der Mauerbau zu den prägenden Erfahrungen seines Lebens. In dem Aufsatz »Die Mauer, die Not und die Tugend« schreibt er:

Als sie stand, war ich vierundzwanzig, als sie fiel, dreiundfünfzig. Fast ein Menschenalter lang hat sie in mein Leben eingegriffen, hat mein Denken, mein Handeln beeinflusst, ob ich es wollte oder nicht. Die letzten zehn Jahre habe ich sie von der bunten, der westlichen Seite her erlebt. Sie war um keinen Deut weniger beherrschend. [50]

Noch in der DDR erschien 1977 sein Erzählband Berliner Traum, dessen Veröffentlichung höchst umstritten war und als staatliche »Beschwichtigungsgeste«[51] nach der Protestwelle zur Biermann-Ausbürgerung verstanden wurde. In der kafkaesk anmutenden Erzählung »Die Spaltung des Erwin Racholl« schläft ein DDR-Funktionär während einer U-Bahnfahrt in Ost-Berlin ein und wacht, ohne dass er sich erklären kann, wie er dorthin geraten ist, in West-Berlin wieder auf. Der irritierte, in Ost und West gespaltene Racholl findet am Ende zu keiner ganzen Person mehr zurück, er wird zur Metapher für die schizophrene Lebenssituation in der geteilten Stadt.[52] In dem Prosatext »Am Ende der Jugend« nutzt der Freund des Ich-Erzählers am 13. August 1961 die allerletzte Chance, nach West-Berlin zu flüchten. Nach dem Fall der Mauer beschäftigten Schlesinger immer wieder deren Spuren und Überreste, so im Roman Trug [53], in dem er der Frage nachgeht, was wohl aus einem Menschen, der im Westen aufwuchs, im Osten geworden wäre.

»Die Mauer im Kopf«: Peter Schneiders Der Mauerspringer[54]

Eine Erklärung für das eingangs angedeutete Desinteresse bundesdeutscher oder West-Berliner Autoren an Mauerthemen gibt der Schriftsteller Peter Schneider in seinem Buch Der Mauerspringer. Er schreibt darin:

Als ich nach Berlin zog, wurde die neue Mauer gerade fertig gestellt. Nachdem der erste Schrecken vorbei war, verdünnte sich das massive Ding im Bewusstsein der Westdeutschen immer mehr zur Metapher. Was jenseits das Ende der Bewegungsfreiheit bedeutete, wurde diesseits zum Sinnbild für ein verabscheutes Gesellschaftssystem. Der Blick nach drüben verkürzte sich zu einem Blick auf die Grenzanlagen und schließlich zum gruppentherapeutischen Selbsterlebnis: die Mauer wurde den Deutschen im Westen zum Spiegel, der ihnen Tag für Tag sagt, wer der Schönste im Lande ist. Ob es ein Leben gab jenseits des Todesstreifens, interessierte bald nur noch Tauben und Katzen. [55]

Schneider, 1940 in Lübeck geboren, gehörte 1968 neben Rudi Dutschke zu den Wortführern der antiautoritären Studentenbewegung. In einem Interview sagte er:

Wir verstanden uns zum Beispiel keineswegs als Kommunisten, sondern als Anti-Anti-Kommunisten. Dabei bildeten sich neue Denktabus heraus, gerade bei ganz zentralen Themen wie der Teilung des Landes. Die Mauer und die Teilung waren angeblich ›rechte Themen‹; so wurden denn Fragen, die alle Deutschen betrafen, bereitwillig der Rechten überlassen. Noch 1982, als ich die Erzählung ›Der Mauerspringer‹ veröffentlichte, wurde ich dafür angegriffen, dass ich die Mauer zum Gegenstand eines ganzen Buches gemacht hatte. [56]

Die Erzählung Der Mauerspringer (1982) kann als westliche Reaktion auf die Biermann-Ausbürgerung und die darauf folgende Ausreisewelle von Künstlern aus der DDR interpretiert werden. Zu einer Zeit, als kaum jemand an den Fall der Mauer glaubte, formulierte Schneider in diesem Buch den prophetischen Satz: »Die Mauer im Kopf einzureißen wird länger dauern, als irgendein Abrissunternehmen für die sichtbare Mauer braucht«[57]. Sein Bild von der »Mauer im Kopf«[58] ging als geflügeltes Wort in die deutsche Sprache ein. Schneider schildert in dem Buch die Geschichten von Menschen, die sich aus unterschiedlichen Gründen nicht mit der Teilung des Landes abfinden wollen, und er fragt nach ihren Prägungen in unterschiedlichen Systemen. Fiktive Passagen wechseln mit realistischen Beschreibungen des geteilten Berlin, einzelne Geschichten und Miniaturen reihen sich aneinander. Sie sind durch die Figur des Ich-Erzählers miteinander verbunden, die stark autobiographisch geprägt ist. »Mauerspringer« im wörtlichen Sinn ist die Figur Walter Kabe, ein Mann, der den Behörden beider Stadthälften Arbeit macht und einen neurotischen Drang hat, vom Westen in den Osten zu gelangen. Diese literarische Figur hat ein lebendes Vorbild, Rainer-Sturmo Wulf, dessen Geschichte zwölf Jahre nach dem Mauerfall noch einmal durch die Presse ging.[59]  

Die Mauer nach 1989

Auch nach 1989 sind es überwiegend Schriftsteller mit DDR-Hintergrund, die sich mit Mauer- und Grenzthemen beschäftigen. Zu den wenigen westdeutschen Ausnahmen gehört Friedrich Christian Delius, der in seinem spannenden Roman Der Spaziergang von Rostock nach Syrakus (1995) die authentische Fluchtgeschichte eines sächsischen Kellners beschreibt.[60] Neben den bereits erwähnten Autoren Bernd Wagner, Klaus Schlesinger, Peter Schneider, Lutz Rathenow und Ulrich Schacht, die auch nach 1989 die deutsche Teilung thematisierten, schildert Martin Ahrends in seinem autobiographischen Essay »Zwischenland«61 (1997) seinen ersten Spaziergang nach dem Mauerfall durch das einst lebensgefährliche Grenzgebiet zwischen Berlin-Zehlendorf und Kleinmachnow.

In Zehlendorf bin ich geboren und mit sechs Jahren nach Kleinmachnow umgezogen. Bis zum Mauerbau konnte ich zu meiner Großmutter fahren, dann wurde der Westen eine verblassende Erinnerung. Mit zweiunddreißig konnte ich in den Westen ausreisen, aber dann bis zur Maueröffnung nicht mehr in den Osten zurück. Erst war ich eingesperrt, dann ausgesperrt. [62]

Bei dem kurzen Fußweg, der die bis dahin »zeitlich und räumlich streng getrennten Welten« [63] miteinander verbindet, erinnert sich der Autor an den 13. August 1961, den Ausbau der Grenzanlagen, die zunehmende Militarisierung und die psychische Deformation, die das Leben im Schatten der Mauer mit sich brachte.
Utz Rachowski, 1954 in Plauen/Vogtland geboren, wegen »staatsfeindlicher Hetze« in der DDR verhaftet und 1980 aus dem Gefängnis in die Bundesrepublik ausgebürgert, beschreibt in seiner poetischen Erzählung »Die Stimmen des Sommers« [64] (1992) den Mauerbau in Berlin aus der Sicht eines Kindes, das mit seiner Familie in der Provinz wohnt. Schlagzeilen machte Mitte der neunziger Jahre Thomas Brussigs satirischer Roman Helden wie wir [65] (1995), in dem der sexuell frustrierte Ich-Erzähler von sich behauptet, die Öffnung der Mauer herbeigeführt zu haben. Im Schlusskapitel »Der geheilte Pimmel« karikiert Brussig, der 1964 in Ost-Berlin geboren wurde und dort aufwuchs, Christa Wolfs Roman Der geteilte Himmel.
 
Die Schriftstellerin Julia Franck, 1970 in Ost-Berlin geboren, gab anlässlich des zwanzigsten Jahrestages des Mauerfalls 2009 die Anthologie Grenzübergänge heraus, in dem sich Autoren aus Ost und West an ihre persönlichen Erfahrungen mit der Grenze erinnern.[66] In ihrem Roman Lagerfeuer [67] (2003) hat sie das Leben im West-Berliner Notaufnahmelager Marienfelde für Flüchtlinge beschrieben. Franck lebte als Achtjährige ein dreiviertel Jahr dort, nachdem ihre Mutter 1978 mit ihr und den drei Schwestern aus der DDR ausgereist war.[68]  
Antje Rávic Strubel, 1974 in Potsdam geboren, hat den authentischen Fall der Entführung einer »TU-134« der polnischen Fluggesellschaft LOT mit 62 Passagieren am 30. August 1978 auf dem Flug von Gda?sk nach Berlin-Schönefeld zur Grundlage ihres Romans Tupolew 134 (2004) gemacht.[69] Das Flugzeug landete auf dem West-Berliner Flughafen Tempelhof. Strubel legt ihrem Buch die authentische Geschichte zugrunde, nähert sich aber in literarischer Fiktion der Vergangenheit und erzählt von politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen, die ihre Figuren zur Flucht zwingen. Der eigenen Lebensgeschichte dagegen stellt sich Susanne Schädlichs bewegendes Buch Immer wieder Dezember. Der Westen, die Stasi, der Onkel und ich (2009). Ihr Vater, der Schriftsteller Hans Joachim Schädlich, hatte 1992 bei der Lektüre der Stasi-Akten erfahren, dass sein älterer Bruder Karlheinz Schädlich als IM »Schäfer« über ihn und andere Schriftsteller für das Ministerium für Staatssicherheit berichtet hatte. Im Dezember 2007 erschoss sich Karlheinz Schädlich in einem kleinen Park mitten in Berlin. Sein Selbstmord ist der Ausgangspunkt für Susanne Schädlichs Buch. 1965 in Jena geboren, war sie bei der Ausreise der Familie zwölf Jahre alt. Sie schildert den Grenzübertritt und das Leben im Westen aus der Sicht eines Kindes. In den achtziger Jahren zog sie nach West-Berlin:

Mauer, Stacheldraht, Todesstreifen, auf Menschen abgerichtete Wachhunde, nachts taghelle Scheinwerfer, Selbstschussanlagen70 auf der einen Seite. Auf der anderen Parks und Wege, Laubenkolonien. Und die Mauer war Ballwand für Kinder, Malwand für Künstler und Nichtkünstler […]. Und wenn es dunkel war, war die eine Halbstadt Kneipe und Bar und Tanzclub mit offenem Ende, während in der andere Hälfte Totenstille herrschte. Es gab die beleuchtete und die unbeleuchtete Seite, die Mauer war die Tag-Nacht-Grenze.[71]

In dieser Zeit lebte die Autorin mit dem Gefühl der inneren Zerrissenheit: mit einem Bein im Westen, mit dem anderen noch immer in der DDR. Auf der Suche nach dem eigenen Ort verließ sie Deutschland und zog 1987 nach Amerika. In Los Angeles erfuhr sie 1992 durch einen Anruf ihrer Mutter [72] von der Spitzeltätigkeit ihres Onkels. Der Stoff ließ Susanne Schädlich, die seit 1999 wieder in Berlin lebt, keine Ruhe. Sie erzählt in ihrem Buch eindringlich von den Schwierigkeiten, sich zu lösen, enttäuscht und verraten zu werden – vor allem aber vom langen Weg, im geteilten Deutschland zu sich selbst zu kommen.
 

Endnoten

1 Bernd Wagner: Die Wut im Koffer. Kalamazonische Reden 1–9, Reinbek bei Hamburg 1993, S. 38 f.
2 Auch bei Monika Maron taucht dieser Fehler auf: Monika Maron: Geburtsort Berlin, Frankfurt a. M. 2003, S. 98.
3 Harald Hauswald/Lutz Rathenow: Ost-Berlin. Leben vor dem Mauerfall, Berlin 2005, S. 118.
4 Ebenda, S. 118 f.
5 Bernd Jentzsch: “Schnitte”, in: ders.: Die alte Lust, sich aufzubäumen, Leipzig 1992, S. 78.
6 Jörg Bernhard Bilke: Wegen “Republikflucht« verhaftet. Die Teilung Deutschlands in der DDR-Literatur”, in: Peter Mast (Hg.): Einig Vaterland. »Deutschland« – ein Thema der Nachkriegsliteratur?, Meckenheim bei Bonn 1992, S. 13–30, hier S. 13.
7 Vgl. die Stellungnahmen in Hans Werner Richter (Hg.): Die Mauer oder Der 13. August, Reinbek bei Hamburg 1961, S. 62–72.
8 Von Wolfdietrich Schnurre erschienen zwei Fotodokumentationen zur Berliner Mauer: Die Mauer des 13. August, Berlin 1962, und: Berlin. Eine Stadt wird geteilt, Olten/Freiburg i. B. 1962.
9 Dieter Thieme: “Eine Tour”, in: Uwe Johnson: Ich wollte keine Frage ausgelassen haben, hrsg. v. Burkhart Veigel, Berlin 2010, S. 16. Marion Detjen nennt in ihrem Buch Ein Loch in der Mauer. Die Geschichte der Fluchthilfe im geteilten Deutschland 1961–1989, München 2005, S. 18, als Datum der Flucht Ende 1961.
10 Uwe Johnson: Zwei Ansichten, Frankfurt a. M. 1992, S. 140–142.
11 Auch in Uwe Johnsons Erzählung »Eine Kneipe geht verloren« ist eine West-Berliner Kneipe der Ort, an dem Fluchthilfekontakte vermittelt werden. Die Erzählung ist erschienen in: Kursbuch 1, hrsg. v. Hans-Magnus Enzensberger, Frankfurt a. M. 1965, S. 47–72.
12 Brigitte Reimann: Die Geschwister, Berlin 2008, S. 59.
13 Vgl. Karl Mickel: Odysseus in Ithaka. Gedichte 1959–1974, Leipzig 1976, S. 19.
14 Vgl. Ulrich Schacht: “Auf dem Kampfplatz. Die Deutsche Demokratische (Gelehrten-)Republik des Werner Mittenzwei”, in: Merkur, 56 (2002), S. 428–432 und Gert Loschütz: “Rhetorisch aufgedonnert”, in: Deutschlandradio Kultur, Politisches Feuilleton, 22.01.2007.
15 Volker Braun: “Die Mauer”, in: Kursbuch 4, hrsg. v. Hans-Magnus Enzensberger, Frankfurt a. M. 1966, S. 64–72. Die gleiche Fassung ist abgedruckt in: Volker Braun: Gedichte, Frankfurt a. M. 1979, S. 23–25. Unter dem Titel »Die Grenze« erschien es in anderer Version in: Volker Braun: Gedichte, Leipzig 1972, S. 48 f.
16 Grüne Leuchtkugeln, ausgewählt u. hrsg. v. Helmut Preißler, Berlin 1969, S. 5.
17 Ebenda, S. 74.
18 Ebenda, S. 162.
19 Wolf Biermann: Und als wir ans Ufer kamen, in: ders.: Alle Lieder, Köln 1991, S. 280.
20 Ders.: Biermann, “Mauerbauer. Wie am 13. August 1961 der Mantel der Geschichte vor meinen Augen wehte und mir die Sicht nahm”, in: Die Literarische Welt, 11.08.2001.
21 Wolf Biermann: Deutschland. Ein Wintermärchen, Berlin 1983, S. 18.
22 Ders.: “Ballade vom Ernährer”, in: ders.: Alle Lieder, a. a. O., S. 114 f.
23 Ders.: “Ballade vom Preußischen Ikarus”, in: ders.: Alle Lieder, a. a. O., S. 284 f.
24 Vgl. ders.: Biermann, “Mauerbauer”, a. a. O., S. 1.
25 Ders.: “Es senkt das deutsche Dunkel”, in: ders.: Alle Lieder, a. a. O., S. 198.
26 Vgl. ders.: “Enfant Perdu”, in: ders.: Alle Lieder, a. a. O., S. 217–220.
27 Vgl. Doris Liebermann: »Im traurigen Monat November war’s«. Gespräch mit Wolf Biermann am 16. August 2006 in Hamburg, in: Deutschland Archiv, Heft 6/2006, S. 993–1003.
28 Wolf Biermann: “Ballade auf den Dichter François Villon”, in: ders.: Alle Lieder, a. a. O., S. 119–124.
29 Ders.: “Deutschland”, a. a. O., S. 5.
30 Vgl. ders: “Ausbürgerung”, in: Fritz Pleitgen (Hg.): Die Ausbürgerung. Anfang vom Ende der DDR, München 2001, S. 25–74, hier S. 58.
31 Wolf Biermann: “Ballade vom Preußischen Ikarus”, a. a. O., S. 284 f.
32 Peter Huchel: “Ophelia”, in: Hedwig Walwei-Wiegelmann (Hg.): Die Wunde namens Deutschland, Freiburg/Heidelberg 1981, S. 168.
33 Bernd Jentzsch, Studium der Germanistik und Kunstgeschichte in Leipzig und Jena; 1967 Gründung der Reihe »Poesiealbum«; 1976 bis 1986 Exil in der Schweiz; 1986 Übersiedlung in die Bundesrepublik; 1992 bis 1998 Gründungsdirektor des Deutschen Literaturinstituts Leipzig.
34 Vgl. Bernd Jentzsch: “13. November 1976, Sonnabend”, in: Fritz Pleitgen (Hg.): Die Ausbürgerung, a. a. O., S. 75–85, hier S. 75 ff.
35 Vgl. ebenda.
36 Bernd Jentzsch: “Schnitte”, a. a. O., S. 78.
37 Thomas Brasch: “Fliegen im Gesicht”, in: ders.: Vor den Vätern sterben die Söhne, Frankfurt a. M. 2002, S. 9–22. Zu nennen ist an dieser Stelle auch Reiner Kunzes Erzählung »Schießbefehl«, die 1976 in dem Band Die wunderbaren Jahre (Frankfurt a. M.) erschien. Kunze, der im April 1977 in den Westen ausreiste, schildert darin den Fluchtversuch eines jungen Mannes aus »P.«, der dabei ums Leben kam.
38 Die Umstände des Erscheinens von Vor den Vätern sterben die Söhne und die Ausreise von Thomas Brasch aus der DDR hat Friedrich Christian Delius, Braschs erster Lektor im Rotbuch Verlag West-Berlin, beschrieben: Friedrich Christian Delius: »Für meinen ersten Verleger« – Wie es zu Vor den Vätern sterben die Söhne und Thomas Braschs Ausreise kam, in: Julia Franck (Hg.): Grenzübergänge. Autoren aus Ost und West erinnern sich, Frankfurt a. M. 2009, S. 120–127.
39 Vgl. Ulrich Schacht: Lanzen im Eis. Gedichte, Stuttgart 1990, S. 25.
40 Vgl. Hans-Hermann Hertle/Maria Nooke: Die Todesopfer an der Berliner Mauer 1961–1989, Berlin 2009, S. 382 f.
41 Ebenda, S. 24. Zusammen mit dem Fotografen Jürgen Ritter gab Ulrich Schacht im März 1989 ein Buch mit dem prophetischen Titel Nicht alle Grenzen bleiben. Gedichte und Fotos zum geteilten Deutschland (Dortmund) heraus, in dem zahlreiche weitere Mauergedichte von Siegmar Faust, Frank Wolf Matthies, Yaak Karsunke u. a. zu finden sind.
42 Ulrich Schacht: Traumgefahr, Pfullingen 1981, S. 42.
43 Ders.: Lanzen im Eis, a. a. O., S. 23.
44 Den DDR-Reisepass hat Kurt Bartsch genau beschrieben in: “Der Paß”, in: Die Hälfte der Stadt. Ein Berliner Lesebuch, hrsg. v. Krista Maria Schädlich und Frank Werner, München 1982, S. 192–196.
45 Kurt Bartsch: Die Lachmaschine, Berlin 1973, S. 14.
46 Hergen Kicker: “Wo gebratene Wörter ins Maul fliegen – Sprachchirurg: Der Berliner Autor Hans Joachim Schädlich, der heute 65 wird, hat nicht nur zum Thema Mauer die wichtigsten belletristischen Beiträge geliefert”, in: Berliner Morgenpost, 08.10.2000.
47 Hans Joachim Schädlich: “Satzsuchung”, in: ders.: Versuchte Nähe. Prosa, Reinbek bei Hamburg 1977, S. 203–215.
48 Ders.: “Einseitige Ansehung”, in: ders.: Versuchte Nähe, a. a. O., S. 91–98.
49 Ausgeschlossen wurden auch Kurt Bartsch, Adolf Endler, Stefan Heym, Karl-Heinz Jakobs, Klaus Poche, Rolf Schneider, Dieter Schubert und Joachim Seyppel.
50 Klaus Schlesinger: “Die Mauer, die Not und die Tugend”, in: ders.: Von der Schwierigkeit, Westler zu werden, Berlin 1998, S. 14–19, hier S. 14.
51 Kirsten Thietz: “Zwischen Auftrag und Eigensinn. Der Hinstorff Verlag in den 60er und 70er Jahren”, in: Birgit Dahlke/Martina Langermann/Thomas Taterka (Hg.): LiteraturGesellschaft DDR. Kanonkämpfe und ihre Geschichte(n), Stuttgart 2000, S. 240–274, hier S. 262.
52 Das Motiv der Spaltung griff Schlesinger später in seinem Roman Trug (Berlin 2000) noch einmal auf.
53 Klaus Schlesinger: Trug, a. a. O.
54 Peter Schneider: Der Mauerspringer, Reinbek bei Hamburg 1995.
55 Ebenda, S. 12.
56 Caroline Fetscher: »Blind vor Wut«. Interview mit Peter Schneider, in: Der Tagesspiegel, 21.05.2008.
57 Peter Schneider, Der Mauerspringer, a. a. O., S. 110.
58 Harald Jähner: “Als es Berlin noch zweimal gab. Er erfand die »Mauer im Kopf«: Peter Schneiders Mauerspringer in der Berlin-Bibliothek, in: Berliner Zeitung, 12.01.2008.
59 Katja Füchsel: “Mit der Teppichstange gen Westen und zurück”, in: Der Tagesspiegel, 31.10.2001.
60 Friedrich Christian Delius: Der Spaziergang von Rostock nach Syrakus, Reinbek bei Hamburg 2004.
61 Martin Ahrends: Zwischenland, Wilhelmshorst 1997.
62 Ebenda, S. 5.
63 Ebenda, S. 6.
64 Vgl. Utz Rachowski: Die Stimmen des Sommers, Berlin 1992, S. 46–62.
65 Thomas Brussig: Helden wie wir, Berlin 1995.
66 Julia Franck (Hg.): Grenzübergänge. Autoren aus Ost und West erinnern sich, Frankfurt a. M. 2009. Eine weitere, von Renatus Deckert herausgegebene Anthologie mit dem Titel Die Nacht, in der die Mauer fiel. Schriftsteller erzählen vom 9. November 1989 erschien ebenfalls 2009 in Frankfurt a. M.
67 Julia Franck: Lagerfeuer, Köln 2003.
68 Vgl. auch Doris Liebermann: »Vorzimmer des Westens«. Das Notaufnahmelager Marienfelde, in: Horch und Guck, Nr. 1/2010 (Heft 67), S. 8–11, hier S. 10.
69 Antje Rávic Strubel: Tupolew 134, München 2004.
70 In der Zweitausgabe ist dieser Fehler korrigiert.
71 Susanne Schädlich: Immer wieder Dezember. Der Westen, der Onkel, die Stasi und ich, München 2009, S. 108 f.
72 Die Lektorin Krista Maria Schädlich gab 1982 gemeinsam mit Frank Werner im Münchner Athenäum Verlag die Anthologie Die Hälfte der Stadt. Ein Berliner Lesebuch heraus, in der zum Beispiel Uwe Johnson in dem Prosatext »Im Gespräch mit einem Hamburger« darlegt, warum er in West-Berlin wohnen bleibe, oder Reinhard Lettau in »Der Hauptmann vom Checkpoint Charlie« eine ungewöhnliche Situation bei der Einreise nach Ost-Berlin beschreibt.


Beitrag zum Sammelband von Klaus-Dietmar Henke (Hg.): Die Mauer. Errichtung, Überwindung, Erinnerung, München 2011; Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Autorin und des Deutschen Taschenbuchverlages (dtv).

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