Jun 2013

Ralph Grüneberger

Drei Amerika-Gedichte
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High Noon in New York

Melange der Genüsse, die Gaumen
Welt im Delikatessentempel
An der 37. Straße. Gottes
Fruchtgemisch die Menschen.
Alle drei Sekunden taucht
In der Menge, wie eine Bugfigur
Eine siegesgewohnte Frau auf.
Mann geht ihr am besten
Aus dem Weg. Oder sucht
Den Segen des koreanischen Händlers
Der hongkongnesische T-Shirts verkauft
Mit allen Adressen der Welt.
Im Bookstore von Barnes & Noble
Stellen Autoren still ihre Privatdrucke
In die Regale, zwischen die Nachlässe
der Meister.
Himmelan die Mohawk-Indianer
Auf Reinigungspfad. Am Broadway
Die Zeit steht, die Parkuhren laufen.
Das Geheimnis ist: Du bist
Und du bist nicht.

    ***

An der Fifth Avenue

Ich lese die Zeitung von gestern.
Die Playgirls gehen schwarz
Eingeschlagen über den Ladentisch.
Im Fernseher die Rolling Stones
Vor fünfzig Jahren: „Let‘s
Spend some time together …“
Draußen hält ein Mann
Einen Hut hoch, ein Basecap:
Es schneit Magnetbandschnipsel hinein
Die ein Cutter aus dem 17. Stock wirft.
Der Mann ruft „Shit“ und „Fuck you“
Und verschwindet. Die Bedienung kommt
Sie ist schwarz wie die Schöpfung.
Ich zögere, ob ich die weißen bleichen
Dollargesichter nicht besser
Bedecken soll.

    ***

The Sheep Meadow

Im Central Park, an einem grünen
Donnerstag, kommt ein Broker
Dem schwarzen Freitag zuvor
Und gibt seine Millionen
Für Grassamen hin.

„Gib mir ein Feld, auf dem ungemähtes
Gras wächst“, zitiert er Walt Whitman
Im Tonfall des Großvaters.

Der Mann will nicht erkannt werden
Stellt seine Lackschuhe ins Gebüsch.
Nur manchmal ist zu sehen, daß er
Blitzt die Sonne über den Hausklippen
Der West Ende Avenue, über
Seinen Schatten springt.

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