Der 17. Juni 1953: Jens Wagner

Heute ist unser Gastpapa Heinrich sehr traurig. Gestern war es den 17. Juni, was für Sabine und ich in unserem Kleindorf ein ganz normaler Tag war. Leider war es in Berlin nicht so friedlich. Der Papa Heinrich, bei dem wir schon für vier Jahren gewohnt haben, hat morgen früh einen schrecklichen Anruf von seiner Schwägerin bekommen. Sie und Heinrichs Bruder Hans wohnen zusammen in Ostberlin. Da arbeitet Hans als Bauarbeiter, was sehr anstrengende Arbeit ist. Hans und Heinrich telefonieren stundenlang miteinander jede Woche und es war ziemlich komisch, dass die Andrea heute angerufen hat.

Sie sagte, dass es vor zwei oder drei Tagen die Anfang eines Aufstands in Berlin gegeben hat. Viele Bauarbeiter wie Hans haben die Entscheidung gemacht, ein Generalstreik wegen die Normerhöhung zu machen. Für Hans und Andrea war Leben im Osten schon sehr schwierig. Es gab ein Mangel an Lebensmittel und Konsumgütern und oft hat Papa Heinrich das Ehepaar Geld oder kleinen Geschenken geschickt. Mit der neuen Normerhöhung kam auch eine Lohnsenkung. Die Bauarbeiter waren verärgert und sind in die Straßen marschiert, um zu protestieren. Fast zehntausend Menschen in Ostberlin haben mitgemacht, sagte Andrea. Um Mittag am 17. Juni, gab es eine große Niederschlagung dieses Aufstands durch sowjetische Panzer. Andrea hat angerufen, um zu sagen, dass gestern am 17. Juni 1953 wird Hans zusammen mit hunderten anderen unschuldigen Demonstranten totgeschossen.

Papa Heinrich war völlig am Boden zerstört, als er die Nachrichten gehört hat. Die zwei Brüder haben den Zweiten Weltkrieg überlebt und jetzt wird Papas Brüder und bester Freund von einem Aufstand getötet. Wie schrecklich! Gott sei Dank, dass wir im Westen wohnen, wo wir weit weg von der Sowjets sind.

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