Inge und Bernhard: Kriegsende

Das Jahr 1945 war kein leichtes Jahr. Weil Bernhard sehr schwerhörig war, war er ausgemustert worden. Wir hatten nicht viel zu essen und es wurde weniger und weniger, aber wir waren zusammen. Da Dresden lange von Luftangriffen verschont worden war, ging es uns noch vergleichsweise gut. Aber das Schicksal von Dresden änderte sich radikal am 13. Februar 45. Wir waren gerade ins Bett gegangen als gegen 10 in der Nacht die Sirenen anfingen zu heulen. Zuerst überlegten wir, die Warnung zu ignorieren, da bisher ja nicht viel passiert war, aber dann zogen wir uns doch wieder an, nahmen unser kleines Köfferchen mit den wichtigsten Dokumenten und Dingen und gingen in den Luftschutzkeller. Schon ganz am Anfang des Krieges war ein Gesetz erlassen worden, dass jedes Haus so einen Keller haben musste. Unserer war nicht sehr groß. Die Decke und die Wände waren mit einer Extra-Schicht Ziegel verstärkt worden. Die Tür war aus dickem schweren Metall und das Fenster, das groß genug war, um notfalls dadurch das Haus zu verlassen, hatte auch eine schwere Metalltür, die von innen verschlossen werden konnte. Wir hatten Wasser, ein paar Konserven und zwei Liegen darin. Zuerst saßen wir auf den Liegen, später legten wir uns ein wenig hin, aber an schlafen war nicht zu denken. Die Geräusche, die wir von draußen hörten, machten uns Angst. Ein paarmal hörten und spürten wir Explosionen so nah, dass wir dachten, unser Haus sei getroffen worden. Aber wir hatten großes Glück (und waren auch nicht direkt im Stadtzentrum), denn unser Haus blieb verschont. Nicht allen unseren Nachbarn ging es genauso.

Als wir endlich den Keller verlassen konnten, war alles voller Rauch und der Himmel rot von den Feuern, die überall in der Innenstadt brannten. Bernhard lief sofort los, um Nachbarn und Freunden zu helfen, wo er konnte. Inge versuchte, das Haus einigermaßen zu sichern und zu säubern. Durch die vielen Explosionen waren Fenster zerbrochen und Asche und anderer Schmutz flog durch die Luft. Dieser Angriff war ein großer Schock und wir haben erst später das ganze Ausmaß erfahren. Fast 25000 Leute sind in dieser Nacht umgekommen und das schöne Dresden war komplett kaputt.

Verwandte, die auf dem Land lebten, luden uns ein, dem Chaos zu entfliehen und bei ihnen zu wohnen. Wir nahmen das Angebot an, zumindest für Inge, Bernhard blieb größtenteils in Dresden, kam aber zu Besuch so oft er konnte. Dort auf dem Land wurde im September 1945 unsere erste Tochter geboren.

 

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