Jan 2019

Rezension: Robert Schopflocher. “Eine Kindheit”

Robert Schopflocher. Eine Kindheit. Ars Vivendi: Cadolzburg, 2018. ISBN: 978-3869137421. 285 Seiten.

von Achim Viereck

 

„Eine Kindheit“ ist die 2018 von Ars Vivendi herausgegebene Sammlung der besten Erzählungen („Herzstücke“) des deutsch-argentinischen Schriftstellers Robert Schopflocher. Neben der titelgebenden autobiographischen Erzählung sind neun weitere Erzählungen ( „ Der Sitz der Seele“, „Einsamkeit“, „Wie Reb Froike die Welt rettete“, „Schach!“, „Geschichtsunterricht“, „Fernes Beben“, „Der Uhrmacher“, „Der Kanarienvogel“, „Der Caudillo“) und das höchst lesenswerte Nachwort von Dirk Niefanger und Gunnar Och in diesem auch haptisch sehr ansprechendem Band zu finden. Veröffentlicht wurde das Werk posthum in der Reihe: „Moderne fränkische Klassiker“.

Der in Fürth geborene jüdische Autor musste 1937 seine geliebte Heimatstadt verlassen und ist ihr trotzdem immer treu geblieben. Nachhaltig geprägt haben ihn und sein literarisches Werk aber Argentinien und seine Bewohner, vor allem im ländlichen Raum. Hier spielt ein Großteil seiner Geschichten; hier begegnen wir den oft widersprüchlichen Charakteren seiner Erzählungen. Bauernschläue, Selbst-gefälligkeit und Arroganz zeichnen die vermeintlichen Gewinner seiner Geschichten aus. Auf der Verliererseite begegnen uns Tagelöhner, Flickschneiderinnen, psychisch und physisch Behinderte, scheiternde oder bereits gescheiterte Existenzen. Schopflocher versteht es meisterhaft, uns ihre Erinnerungen, Ängste und unerfüllten Hoffnungen näher zu bringen. Er hält seinen Protagonisten – vor allem den Tätern, aber auch den Opfern – den Spiegel vor und so manch ein Leser wird vieles vom Bespiegelten in sich selbst erkennen.

Schopflochers Erzählungen sind ein engagiertes Plädoyer gegen Ignoranz, Vorurteile und Korruption. Er setzt sich ein für Humanität, Toleranz und ein Miteinander, frei von politischen oder religiösen Repressalien. Schopflochers Sprache ist leise und behutsam; die schrillen Töne kennt er nicht, den feinen Humor schon.

Ars Vivendi ist zu danken, dass nunmehr neben den bekannten Erzählungen wie „Fernes Beben“ oder „Wie Reb Froike die Welt rettete“ auch „Der Sitz der Seele“ (die wohl bewegendste Geschichte) und „Der Caudillo“ dem breiten Leserkreis zugänglich gemacht werden. Wer mehr über das Leben und Wirken von Robert Schopflocher wissen möchte, dem sei die Festschrift zu Ehren des Autors „Transatlantische Auswanderergeschichten“ von Frederick Lubich ans Herz gelegt.

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