Oct 2024
Rezeption von Tanz am Kanal
Rezeption von Tanz am Kanal
„Denn mit dem Schelmenroman teilt die Erzählung Tanz am Kanal die Motive des Abenteuerlichen, des Vagabundierens. Von der Villa des privilegierten Arztes in die Penner-Kneipe und in die Obdachlosigkeit, aber auch ins Sensationslicht der Medien und auf die Schlafcouch eines Hauptkommissars führt der Weg dieses weiblichen Pikaro, dem auch eine Vergewaltigung nicht erspart bleibt. Viele Berufstätigkeiten durcheilt die Schelmin: vom Lehrling über die Mitarbeiterin in einer Kulturabteilung und der Betriebskabarettistin zur Rindermagd, Hilfsarbeiterin und Abwäscherin. Mit dem ‚abenteuerlichen‘ Simplizissimus des Grimmelshausen verbindet sie mehr als die adlige Herkunft.“ (Walter Hinck, FAZ, 2. November 1994, Nr. 255, S. 36)
„Der Leser fühlt sich nicht, wie er wohl soll, irgendwo in einem sozialistischen Land. Er fühlt sich verarscht. Dieses Wort ist hier so fehl am Platze wie in der Erzählung. ‚Scheiße‘ kann durchgehen, das ist ja inzwischen Allerweltsdeutsch. […] Ein bißchen Ironie täte der Erzählung überhaupt manchmal gut, damit sie nicht zeitweilig so gespreizt daherkommt, als wäre sie geschrieben von jemandem ‚mit diversen Ost-West-Überschneidungen und Preisen‘ (Klappentext). […] Vielleicht ist ‚verschleiert‘ auch das richtige Wort für Kerstin Hensels behutsame Art, mit dem Ost-West Konflikt umzugehen.“ (Rudolf Walter Leonhardt, DIE ZEIT, 7. Oktober 1994, Nr. 41/1994)
Literaturverzeichnis
Hensel, Kerstin. Tanz am Kanal. Erzählung. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1994.