Jan 2019
Ausgestiegen aus der DDR
Ein Vergleich von Lutz Seilers Kruso und Ulrich Plenzdorfs
Die neuen Leiden des jungen W.
von Karin Schestokat
Plenzdorfs kurzer Roman Die neuen Leiden des jungen W.[1] war ein großer Erfolg beim Lesepublikum sowohl in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik als auch in der Bundesrepublik Deutschland, als er Anfang der 70er Jahre erschien. Seine Popularität hielt über die Jahre an, so dass der Roman zur Schullektüre wurde, den heutige Schüler und Schülerinnen immer noch lesen. Er ist Ausdruck eines Zeit- und damit auch Lebensgefühls, das aber im Endeffekt nicht gelebt werden konnte. Zu fragen ist also, warum nicht? Lutz Seilers Roman Kruso[2] war ein literarischer Erfolg, für den der Autor im Jahre 2014 den Deutschen Buchpreis und hohes Lob von der Kritik erhielt. Auch dieser Roman lässt die Leser und Leserinnen an einem Lebensgefühl teilhaben, das ebenfalls ein Ende erreichte, vielleicht weil der Staat, in dem Edgar Wibeau nicht überleben konnte, nun selbst der Vergangenheit angehört. Trotzdem gibt es aber motivische Ähnlichkeiten zwischen diesen auf den ersten Blick doch recht unterschiedlich anmutenden Werken. Mit dem Aufdecken dieser beschäftigt sich der folgende Artikel.
Vorangestellt sind Zusammenfassungen der Rezeption sowie die Handlungen und Hauptthemen der Werke, was dann zu der Darstellung der Verbindungen führt, wie ich sie sehe. Diese beiden Texte wurden in einem Zeitraum von 40 Jahren veröffentlicht, und ich denke, dass ein Lesen von Plenzdorfs Roman im Vergleich zu Seilers’ neue Möglichkeiten der Interpretation des Romans Die neuen Leiden des jungen W. zulassen kann. Die Autoren dieser beiden Werke entwickelten ihre Hauptcharaktere vor dem Hintergrund der sich ändernden Gesellschaft in der DDR, die als Staat seit Oktober 1990 aufgehört hat zu existieren.
In meiner Analyse möchte ich mit Plenzdorfs Text beginnen. Die neuen Leiden des jungen W. wurde 1972 zuerst in verkürzter Form in der ostdeutschen Zeitschrift Sinn und Form veröffentlicht und ein Jahr später in verlängerter Prosaform vom Hinstorff Verlag herausgegeben und erschien schließlich 1973 sowohl in der damaligen DDR als auch in der damaligen BRD. Plenzdorfs kurzer Roman ist von der literarischen Presse und Literaturkritikern hoch gelobt und seine Sonderstellung anerkannt worden. So können wir in einem literarischen Blog vom 8. August 2007, in welchem dem Tod des Autors gedacht wurde, zum Beispiel lesen, dass
Plenzdorf, der als Schriftsteller in der DDR gewirkt hat, […] die Möglichkeit [nutzt], dass es damals auch Zeiten gab, in denen man sich als Künstler selbst in der DDR die Freiheit nehmen durfte, das System zu kritisieren. Die sozialistischen Grundfesten sind im Werk allgegenwärtig, werden jedoch in der Person von Edgar scharf kritisiert. Der junge Mann findet seinen Platz in der Gesellschaft nicht, weil er anders ist, weil er seine Kreativität ausleben will und mit seiner abweichenden Lebenshaltung aneckt.[3]
Uwe Wittstock schreibt in seiner Rezension, veröffentlicht am 09.08.2007 im Kulturteil der digitalen Ausgabe der Welt, dass „… Plenzdorf das Lebensgefühl der ostdeutschen Jugend [traf]”, dass der Roman „… die realsozialistische Variante der ewig gleichen, ewig wahren Geschichte eines idealistischen Jugendlichen [ist], der aufbegehrt gegen die engherzige, staubtrockene Welt der Erwachsenen.“ Und weiter heißt es, dass …
der Roman … ein Meisterwerk der Stimmimitation [ist]: Auf den Spuren von Mark Twains „Huck Finn“ und Salingers „Fänger im Roggen“ traf Plenzdorf einen schnoddrigen Ton, in dem sich Jugendliche in Ost und West wiedererkennen konnten. Dass es ihm dazu aber noch gelang, den verlogenen Polit-Jargon der DDR-Zeitungen, die hilflosen Plattitüden der Erwachsenen und nicht zuletzt das glühende, bedrängende Deutsch aus Goethes „Werther“ – den Plenzdorfs Held als einen Seelenverwandten betrachtet – in dem schmalen Roman unterzubringen, macht daraus ein frühes Glanzstück postmoderner Literatur, entstanden zu einer Zeit, in der in Deutschland noch kaum jemand den Begriff buchstabieren konnte.[4]
Und in einer Rezension im Focus Online vom 9. August 2007 kann man lesen, dass Plenzdorfs Roman zu Recht als ein „Stück DDR-Weltliteratur“ [gilt], wie die Berliner Akademie der Künste in einem Nachruf schrieb. Weiter heißt es dort, dass dieses Theaterstück in der Sprache der DDR-Jugend nachempfundenen Ausdrucksweise geschrieben worden sei und dass es zu einem Sensationserfolg wurde, als es 1972 in Halle uraufgeführt wurde. Erst später wurde es zu einem Roman umgearbeitet. Plenzdorf meinte, er habe sein bekanntestes Werk nur deshalb zu einem Buch gemacht, weil es in der DDR als Film nicht durchsetzbar gewesen wäre. Und so wurde es später in Westdeutschland verfilmt.[5]
Als Plenzdorf 2007 im Alter von 72 Jahren verstarb, hat der damalige Bundespräsident Horst Köhler ihn als einen wichtigen und einflussreichen Autor gewürdigt. Er schrieb in einem Brief an die Witwe, dass „[Plenzdorf] mit seiner sensiblen Beobachtungsgabe und seinem feinen Gespür für sprachliche Nuancen [es] verstand, das Lebensgefühl insbesondere junger Menschen authentisch zum Ausdruck zu bringen. Das hat ihm in Ost und West viel Bewunderung und ein treues Publikum eingebracht.“[6] Und Georg Jäger zitiert Stephan Hermlin, dem zufolge das Werk „authentisch die Gedanken, die Gefühle der DDR-Arbeiterjugend formuliert…“ Jäger führt auch die Laudatio bei der Verleihung des Heinrich-Mann-Preises an Plenzdorf (1973) an, die Die neuen Leiden des jungen W. „ein Gleichnis jugendlichen Denkens und Empfindens in unserer Zeit und in unserem Land“ nennt. Des Weiteren findet sich bei Jäger eine Zusammenfassung der Rezeptionen des Werkes in der DDR und in der BRD, sowohl des Textes als auch der Theateraufführungen und Verfilmungen des Romans.[7]
Edgar Wibeau in Plenzdorfs Roman Die neuen Leiden des jungen W., eigentlich ein Musterschüler, der nie aufgemuckt hat, bricht endlich doch aus der engen Beziehung zu seiner Mutter und ihrer gemeinsamen Wohnung aus. Nachdem seine Bewerbung um ein Kunststudium abgelehnt worden ist, zieht er in die Laube der Eltern seines besten Freundes Willi in Berlin. Diese Laube steht noch in einer ehemaligen Schrebergartenkolonie, vormals angelegt für die Arbeiter in den Fabriken Berlins, damit sie sich dort an Wochenenden in frischerer Luft erholen und vielleicht sogar Früchte und Gemüse ernten konnten, um damit ihr geringes Auskommen etwas aufzubessern. Zu dem Zeitpunkt, an dem Edgar in die Laube zieht, auf seine Kolchose, wie er sie etwas ironisch nennt (Leiden, 64, 84), sollen diese mittlerweile heruntergekommenen Gärten und Lauben abgerissen werden. Deshalb nutzt auch niemand außer Edgar mehr dieses Gelände. Zu der Laube gehört ein Abort, und dort findet er ein Buch ohne Einband, dessen erste und letzte Seiten er selbst als Toilettenpapier verwendet hat (Leiden, 36). Ed, der sich normalerweise auf dem Klo Zeit lässt, fängt an zu lesen. Nach seiner anfänglichen Befremdung, die sich auf den literarischen Stil des Buches bezieht, vergleicht er seine eigene Situation mit der des Helden. Bald wird den Lesern und Leserinnen klar, dass Ed eine Kopie von Goethes Briefroman Die Leiden des jungen Werther gefunden hat. Ed braucht eine Weile, bevor ihm klar wird, dass er diesen gewählten, etwas gestelzt anmutenden Ausdrucksstil für seine Zwecke ausbeuten und durch Zitate aus dem Buch seine Ansprechpartner verunsichern kann. Teil des Charmes von Plenzdorfs Werk ist natürlich, dass der Autor seinen unwissenden Helden mit doppeldeutigen Anspielungen gegen Werther ausspielt und gleichzeitig Parallelen zwischen den beiden aufzeigt. Mit diesem Aspekt des Romans hat sich die Sekundärliteratur schon sehr ausgiebig beschäftigt[8] und deshalb möchte ich darauf hier nicht näher eingehen.
Während seiner Zeit in der Laube hält Edgar nur noch zu Willi Kontakt, indem er ihm Tonbandkassetten schickt, die er besprochen hat. Dabei beschreibt er sein Leben und kommentiert das, seiner Meinung nach, irrationale Verhalten Werthers, besonders gegenüber Charlotte. Ed findet eine Parallele zu seinem eigenen Leben, denn er beobachtet eine junge Frau, die im angrenzenden Kindergarten arbeitet. Bald lernt er sie näher kennen und erfährt, dass sie Charlie heißt, und mit einem Dieter verlobt ist, was ihn aber nicht daran hindert, sich ebenfalls in sie zu verlieben.
Anders als Werther ist Ed aber nicht in die Natur entflohen, sondern in die Großstadt Berlin. Sein Vater kommt wohl aus einer aristokratischen Familie und hat das noble Blut der Hugenotten in seinen Adern, aber alles, was Ed von ihm weiß ist, dass er ein oft betrunkener Künstler sein soll, der seine Frau, Eds Mutter, sitzen gelassen hat, als Ed noch sehr jung war. Ed findet aber eine Art Vaterfigur in einem Kollegen auf der Arbeit, nämlich in dem siebzigjährigen Zaremba, den er für seine natürliche Menschlichkeit, seine Weisheit und seine Lebenskraft bewundert. Diese Bewunderung wird sprachlich durch die Verwendung von “old“ ausgedrückt. Personen, die ihm imponieren, wird ein „old“[9] voranstellt, und Personen oder Situationen, die ihm gegen den Strich gehen, beschreibt er als „prachtvoll“[10], während Edgar Figuren, Personen, aber auch Objekte, die ihm irgendwie gleichgültig sind, mit „oll“[11] charakterisiert.
Im Vergleich zu Goethes Werther aber ist Edgar Wibeau ein Anti-Werther: seine „Leistungen“ beginnen erst mit seinem Tod. Doch er ist nicht freiwillig gestorben, hat keinen Selbstmord begangen, vielmehr war sein Tod ein tragischer Unfall. Obwohl Edgar als arbeitsscheu, als nur ein halber Maler– schließlich war er nicht in die Kunstakademie aufgenommen worden und konnte eigentlich nur technisch gut zeichnen – und auch als ein „nut case“ (Leiden 71) beschrieben wird, ist er doch nach eigenem Ermessen ein verkanntes Genie (Leiden 74). Er möchte etwas nach seinen eigenen Entwürfen herstellen, aus seiner eigenen Kraft und unabhängig vom Kollektiv der Arbeiter. Sein Geld verdient Ed mit Anstreicherarbeiten. Er ist also keineswegs wirklich arbeitsscheu. Und er hat auch Ehrgeiz: Um seinen Kumpels bei der Anstreicher Brigade zu beweisen, dass er kein Versager ist, konstruiert er ein „nebelloses Farbsprühgerät“. Doch als er es zum ersten Mal anschließen will, kommt er durch einen Stromschlag ums Leben, weil die elektrischen Leitungen in seiner Laube nicht intakt sind.
Peter Wapnewski meint, das allgemeine menschliche Probleme, wie z. B. verhindertes Glück, unterdrückte, gehemmte Aktivitäten, unerfüllte Wünsche usw. nicht Leiden einer bestimmten Zeit sind, sondern die jedes einzelnen Menschen.[12] Demnach wäre Ed Wibeaus kurzes Leben also nur die Darstellung eines gescheiterten Daseins. Laut Marta Harmat aber sollten wir Edgar nicht als einen widersprüchlichen Helden ansehen, der geboren ist aus kindlichem Denken und der an seiner Zeit versagt, sondern sein Verhalten als logische Konsequenz deuten, die durch den Versuch eines Individuums hervorgerufen wurde, Grenzen zu überschreiten, um in einer Gesellschaft akzeptiert zu werden.[13] Edgar hat sich abgegrenzt. Auf der einen Seite gegenüber seiner Mutter, die für ihren Sohn nur das Beste will, und auf der anderen Seite gegenüber den Erwartungen der DDR Gesellschaft und ihren Bürgern, verkörpert durch Dieter, den angepassten farblosen Verlobten von Charlie. Sein Tod, so Harmat, sei daher als logische Konsequenz zu deuten, sozusagen als endgültiges Grenze-Überschreiten. Erst jenseits der irdischen, gesellschaftlich-politischen Grenzen erreicht er quasi den Höhepunkt seines Bildungsprozesses und wird zu einem einheitlichen Individuum.
Plenzdorf zeigt den Lesern verschiedene Grenzen und Grenzüberschreitungen bei seinen Untersuchungen von Eds Leben, indem er die Form eines Montageromans benutzt, die es ihm erlaubt, die Aktionen aus verschiedenen Perspektiven darstellen zu können. Die Geschichte beginnt ja mit Edgars Nachruf aus der Zeitung und die Leser erfahren über sein Leben aus der Sicht der Personen, die ihn gekannt haben. Initiiert worden ist die Recherche in Edgars Leben von seinem Vater, der über die Aussagen der Freunde seines Sohnes diesen nach seinem Tod endlich kennenlernen möchte. Er setzt die einzelnen Puzzleteile zusammen und Edgar kommentiert alles aus dem Jenseits, wodurch er den Lesern auch seine eigenen Empfindungen und Auffassungen mitteilt. Er überschreitet damit die Grenze zwischen Leben und Tod. Dabei verwendet er oft Ausdrücke aus dem Berliner Dialekt und eine Art konstruierte Jugendsprache.[14] Wenn man den Roman allerdings aus heutiger Sichtweise liest und dabei die Geschichte der DDR berücksichtigt, könnte man wohl sagen, dass Edgar unter anderen geschichtlichen Umständen durchaus erfolgreich hätte sein können, dass aber die Gesellschaft bzw. die Regierung der damaligen DDR noch nicht bereit war für solch einen individuellen Erfolg. In diesem Sinne kann man Die neuen Leiden des jungen W. als einen gehemmten, verhinderten Entwicklungsroman gelesen.
Kruso ist Lutz Seilers Erstlingsroman. Vor seinem Erscheinen war Seiler schon für seine Kurzgeschichten und vor allem seine Gedichte bekannt geworden. Für den Roman erhielt er im Jahre 2014 den Deutschen Buchpreis und hohes Lob von der Kritik. Lorenz Jäger von der FAZ hat Kruso ein seltsames Buch genannt. Kein anderes solches Werk käme einem auf Anhieb in den Sinn. Weiter sagt er, dass dieses Buch einen aufmerksamen Leser brauche, und dass dies kein „Wende“-Roman sei. Die dramatischen Ereignisse des Sommers und Herbstes 1989 sind nur als Hintergrundgeräusche vernehmbar, die aus einem Radio kommen. Die Sprache sei lyrisch, der Ort der Handlung auf der Insel Hiddensee könnte ein realsozialistisches Hippie-Idyll sein, die Hauptfigur, Kruso, ein Guru des Friedens und Edgar sein Eingeweihter. Edgar Bendler könnte das alter Ego des Autors sein, da sie am selben Tag geboren sind und einen ähnlichen Hintergrund haben.[15] Einige andere Aspekte, Personen und Handlungen finden sogar direkte Pendants in der Realität.[16] So galt die Insel Hiddensee, gelegen neben Rügen in der Ostsee und wie Rügen zu Zeiten der DDR und auch schon in vorherigen Zeiten bevorrechtigtes Ausflugsziel der Privilegierten der jeweiligen Gesellschaft auch als letzter Zufluchtsort der Republikflüchtigen, oder wie es in Kruso heißt: „Wer hier war, hatte das Land verlassen, ohne die Grenze zu überschreiten“ (Kruso, 164-65). Zu DDR-Zeiten galt Hiddensee als Refugium für Andersdenkende, die auf der Insel als Saisonkräfte im Gaststättengewerbe Arbeit fanden. Diesen realen Sachverhalt hat Seiler aufgenommen und seine Figuren in Zum Klausner, einer Gaststätte, die es tatsächlich immer noch gibt und die im nördlichen Teil der Insel, im Dornbusch liegt, versammelt. Wie der ehemalige DDR-Bürger Seiler selbst, der 1988 das erste Mal dort war, sind auch seine Romanfiguren im Sommer auf die Insel gekommen, um hier als Aushilfskräfte, sogenannte Esskaas, zu arbeiten.[17] Hier landet auch sein Held, Edgar Bendler, nachdem er sein Germanistik-Studium in Halle abgebrochen hat. (In Seilers Roman finden die Leser viele literarische Anspielungen und intertextuelle Verbindungen zu anderen Werken nicht nur der deutschen Literatur. Auf einige will ich verweisen. Hier z.B. haben wir die Erwähnung von Halle, Universitätsstadt heute wie auch schon in der ehemaligen DDR, was eindeutig auf Christa Wolfs Roman Der geteilte Himmel verweist. Edgars Freundin G. ist von einer Straßenbahn überfahren worden und als dann auch noch der geliebte Kater Manfred verschwindet, verliert Ed seinen Halt. Und dies fast wortwörtlich, indem er beinahe aus dem Fenster gesprungen wäre und im übertragenen Sinne, indem er verfrüht in den Studentensommer aufbricht. Anstatt aber nach Polen zu fahren, gelangt er über Berlin an die Ostseeküste und nach Hiddensee. Seine Erfahrungen am Bahnhof in Berlin verweisen auf Reiner Kunzes Kurzgeschichte Element aus der Sammlung kurzer Prosastücke mit dem ironischen Titel Die wunderbaren Jahre (1976). Dies ist nur eine der vielen intertextuellen Verweise, von denen der Roman Kruso nur so strotzt.
Auf Hiddensee angekommen, irrt Ed eine Nacht lang herum, übernachtet am Strand, bis er dann an der Ausflugsgaststätte Zum Klausner ankommt und als Tellerwäscher und Zwiebelschneider[18] Anstellung findet. Damit ist er am unteren Ende der Gaststätten-Laufbahn angekommen, aber er beklagt sich nicht, im Gegenteil, für ihn ist es wie ein Initiationsritus, den er durchlaufen muss, um in diese Arche der Gestrandeten aufgenommen zu werden. Und bald lernt er Kruso kennen, der die Gemeinschaft im Klausner und die Gestrandeten auf der Insel zusammenhält. Der Roman enthält immer wieder Beschreibungen von Kruso als Indianer, was u.a. auf Der letzte Mohikaner verweist.[19] Aber auch er hat ein reales Vorbild: nämlich den im Jahr 2000 verstorbenen Aljosche Rompe, der in den achtziger Jahren mit seiner Punkband Feeling B einer der zentralen Helden des DDR-Undergrounds war.[20] Eine andere, offensichtliche Anspielung findet sich natürlich zu Daniel Defoes Held Robinson Crusoe im gleichnamigen Roman, der ebenfalls auf einer Insel gestrandet ist und nur mit der Hilfe seines Freitags überleben kann. Die Beziehung zwischen Ed und Kruso ist ähnlich, allerdings umgekehrt und daher nicht dieselbe. Am Ende seines Aufenthalts aber muss Ed dann erfahren, dass er „nur geträumt, nur der Traum eines anderen gewesen [war]. Ein Freitag wie ihn Crusoe erblickt hatte im Schlaf, in seiner Sehnsucht.“ (Kruso, 425). Bis es aber zu dieser Erkenntnis kommt, durchläuft er alle Rituale, die auch die anderen Gestrandeten über sich ergehen lassen müssen: Die Waschung in den großen Bottichen im Abwasch vom Klausner, die schwarze Suppe, die aus diversen Speiseresten zusammengeköchelt worden ist, und das Trinkgelage am Strand, durch das die Leser wieder oder erstmals mit den alkoholischen Getränken und Mixturen der DDR bekannt gemacht wird. Am Strand wird auch Musik gemacht, auf den verschiedensten Instrumenten, womit Seiler wiederum auf die Band Feeling B verweist, die er in seinem Buch den Song „Mix mir einen Drink, der mich woandershin bringt“ vortragen lässt.
Kruso, oder Alexander Krusowitsch, auch Aljoscha oder zärtlich Losch genannt, ist der Sohn eines russischen Generals und einer Seiltänzerin, die bei einem ihrer Zirkusauftritte für die sowjetischen Truppen tödlich verunglückt ist. Er ist auf Hiddensee aufgewachsen und bleibt dort mit seiner Schwester Sonja zurück, als sein Vater zurück in die Sowjetunion beordert wird. Die Geschwister wachsen bei ihrem Stiefvater auf, einem Strahlenphysiker (die Figur beruht auf dem realexistierenden Stiefvater von Aljoscha, Robert Rompe, der ein berühmter Physiker und Wissenschaftsfunktionär der DDR gewesen ist). Diese Zeit in Krusos Leben scheint auf eine irgendwie doch noch „normale“ Kindheit zu erweisen, bis dann Sonja ihren Bruder in der selbstgebauten Sandburg am Strand zurücklässt, als sie in der Ostsee baden geht. Sie bat ihn, nicht weg zu gehen, sondern auf sie zu warten. Sie kommt aber nie zurück. Kruso wartet eigentlich immer noch. Unklar bleibt, ob Sonja beim Schwimmen ertrunken ist, oder ob sie von den Stasi Wachposten, die auf der Insel allgegenwärtig sind, bei ihrem Fluchtversuch über die Ostsee zur Insel Møn entweder von der Insel Hiddensee aus oder von den Posten auf den Wachbooten erschossen worden ist. Kruso ist durch den Verlust seiner Schwester genauso traumatisiert wie Ed durch den seiner Freundin, und die beiden jungen Männer finden zu einander über die Poesie. Ed zitiert eines Abends im Suff am Strand Gedichte von seinem geliebten Dichter Trakl[21] und Kruso zeigt ihm endlich die Gedichte, die er selbst geschrieben hat und die er einmal in einem Band herausgeben will.
Kruso hält die Inselgemeinschaft zusammen. Im Klausner hat er zwölf „Apostel“ um sich versammelt, alle Aussteiger, die die Gaststätte bewirtschaften als Kellner, Köche und eben Abwäscher, wie Ed einer ist. Alle haben sie von ihrem vorherigen Leben Abschied genommen und versuchen, es nach der Arbeit in wilden Festen und Saufgelagen am Strand zu vergessen. Dabei ignorieren sie auch mehr oder minder Viola, das alte Röhrenradio in der Küche, das sich nicht mehr abschalten lässt und deshalb Tag und Nacht lang den Deutschlandfunk überträgt. Die Bewohner des Klausners könnten folglich über die Geschehnisse in der Welt gut Bescheid wissen, ignorieren die Nachrichten aber weitgehend. Ihre sich langsam ändernde Einstellung zu den Ereignissen der Gegenwart ist im Aufbau des Buches reflektiert. Finden sich am Anfang wenig Daten, so häufen sie sich zum Ende hin, sodass die Leser genau erkennen können, in welchem Monat des Jahres 1989 der Roman spielt. Wenn die meisten Inselbewohner sich am Anfang der Erzählung um die Weltgeschichte einen Dreck kümmern, so nehmen die Gestrandeten auf Hiddensee die Grenzöffnung und die Flucht ihrer Landesgenossen über Ungarn oder Prag schon wahr, und verlassen nach und nach die Insel, bis nur noch Kruso und Ed übrigbleiben.
Bevor der Roman zu Ende geht, wird Ed in eine schwere Auseinandersetzung mit René, der im Klausner für die Ausgabe von Eiscreme verantwortlich ist, verwickelt. Ed wird zusammengeschlagen und muss ins Krankenhaus. Dort wird er von Krusos Stiefvater versorgt, der sein Labor noch hat und ihn röntgen kann, um sicher zu gehen, dass er sich nichts gebrochen hat. Dann verschwindet Kruso für eine Weile, kehrt aber wieder zurück, als Ed sich erholt hat, und die beiden versuchen, den Restaurantbetrieb noch eine Weile länger aufrecht zu erhalten. Dann verschwindet Kruso erneut, doch als er dann wiederkommt, ist er ernstlich krank. Ed versucht, über den Stasiwachmann auf der Insel Hilfe zu mobilisieren. Der kontaktiert Krusos Vater, den General, der seinen Sohn schließlich abholt. Das sowjetische Kriegsschiff verlässt die Gewässer der Ostsee unter 21 Schuss Salut. Allein zurückgelassen, verschließt Ed die Gaststätte, nachdem er den Strom und das Wasser abgestellt hat, und verlässt ebenfalls die Insel.
Eine Art Epilog beschließt den Roman, in dem die Erinnerung an die Toten, eines der Hauptmotive des Romans, in den Vordergrund gerückt wird. Edgar ist bestrebt, Dokumente über die Republikflüchtlinge aufzufinden, die versucht haben, Dänemark bzw. die Insel Møn zu erreichen, die bei klarem Wetter von Hiddensee zu sehen ist. Er verirrt sich in der gigantischen, labyrinthartigen und kafkaesken dänischen Bürokratie und ihren Behausungen. Er findet keine Spur von Krusos Schwester, aber die von einem anderen EssKaa, den er allerdings nie getroffen hat, dessen Platz er aber am Tisch eingenommen und dessen Pullover er getragen hatte. Seiler lässt Edgar Bücher und Statistiken lesen, aus denen hervorgeht, dass es über 5600 Fluchtversuche gab. Edgar liest, dass 913 davon erfolgreich waren, dass es 4522 Festnahmen gab und mindestens 174 Todesopfer seit 1961, angeschwemmt zwischen Fehmarn, Rügen und Dänemark (Kruso, 448).[22] Dieser Epilog, auch wenn er eigentlich weder Krusos noch Edgars Leben einen endgültigen Abschluss gibt, ist als Reportage geschrieben und lässt deshalb auch den Roman realistischer erscheinen.
Zusammenfassend hier nun die verbindenden Elemente der zwei Werke: In den Romanen von Seiler und Plenzdorf spielt ein „Ed“ eine Rolle. Beide sind Aussteiger aus der Gesellschaft der DDR. Auch wenn sie ihrem Staat jeweils zu einer anderen Zeit den Rücken gekehrt haben, setzen sie sich doch noch mit ihm auseinander. Beide ziehen sich zurück, einer auf eine Insel, wo er seinen Kruso in einer Klause kennenlernt, der andere in die „Idylle“ einer Schrebergartensiedlung, wo er seinen Crusoe lesen könnte, wenn er ihn denn noch hätte. Dieser Ed wohnt in einer Laube, was eine Klangassoziation zu Klause und Klausner erlaubt. Beide sind unglücklich verliebt. Der junge Ed in Charlie, und Ed auf der Insel in „C“, die geheimnisvolle junge Frau, die eines nachts bei ihm im Zimmer auftaucht. Sie darf aber nur fünf Nächte bleiben, denn sie ist eine der Gestrandeten, denen Kruso über kurze Zeit Unterschlupf gewährt. Obwohl Ed nach „Cs“ Verschwinden andere junge Frauen in seinem Bett findet, kann er seine Nächte mit ihr nicht vergessen. (C = Charlie = Charlotte)
Beide lesen bzw. rezitieren einen deutschen Dichter, der junge Ed Goethe und Ed auf der Insel Gedichte über Verlust von Trakl. Eine andere metatextliche Verbindung ergibt sich aus der offensichtlichen Spiegelung / Parallele von Ed Wibeau zu Goethes Werther, und in Kruso wird mehrmals auf Robinson Crusoe von Daniel Defoe verwiesen. Und wenn der eine mit einem lauten Knall „über den Jordan“ geht, als er sein selbstgebautes „nebelloses Farbsprühgerät“ zum ersten Mal in Betrieb nehmen will, so wird der andere unter dröhnenden Salutschüssen von seinem „Helden“ verlassen.
Verbindende Themen der zwei Werke sind also der Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben der Zeit, Kritik an eben dieser Gesellschaft, Inseln, auf denen kleine isolierte Gruppen von Menschen zusammentreffen und ein dramatisches Ende. Und es werden in beiden Romanen Nachforschungen betrieben. In Kruso ist es am Ende der Ich-Erzähler, der den Verschollenen aus der DDR in Dänemark nachspürt, in Den neuen Leiden des jungen W. ist es der Vater, der seinen Sohn, den er verließ, als der gerade erst fünf Jahre alt war, nun nach seinem Tod kennen lernen möchte. Vom Sprachlichen her lässt sich feststellen, dass es in Kruso Eds irreale und wirklich verwirrende Träume gibt, dass die Gegenwart surreal verfremdet wird und es gibt im Detail beschriebene ekelerregende Säuberungsaktionen im Klausner, zum Beispiel im Kapitel „Der Lurch“ (S. 100-107), wo im Einzelnen beschrieben wird, wie der Abfluss der großen Abwaschbottiche gesäubert und der sich gebildete Pfropfen aus Haaren, Schleim und Essensresten im Garten unterm Gemüsebeet vergraben wird. In Die neuen Leiden wird die Darstellung des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft in aufmüpfig-kritischen und drastischen Slang- und Fäkalausdrücken und Übertreibungen beschrieben, während Edgar durch inneren Monolog das Geschehen sozusagen aus dem Jenseits kommentiert.
Eine weitere Verbindung ergibt sich aus einem Spiel mit der Sprache, das allerdings mit dem etymologischen Ursprung des Namens der Insel nicht das Geringste zu tun hat.[23] Aber Seiler selbst lässt Kruso sagen: „Das ist Hiddensee, Ed, du verstehst, hidden – versteckt? Die Insel ist das Versteck…“ (Kruso, S. 175) Versucht man, dies weiter auszuarbeiten und spricht dazu noch Deutsch und Englisch, dann lassen sich Verbindungen über das Englische „hidden“ ansprechen. „Versteckt“ ist die Gaststätte Zum Klausner. Sie ist schwerer erreichbar als andere Gaststätten auf der Insel. Sie liegt ganz im Norden der Insel am Rande der Steilküste. Darüber hinaus verstecken sich hier die Aussteiger der DDR.
Aber auch Edgar Wibeau lebt versteckt, in seiner Laube in der Schrebergartensiedlung in Berlin. Er verbirgt sich vor seiner Mutter und seinem früheren Leben. Insofern sind die beiden Werke auch über das Verstecktsein bzw. das Versteckgewähren und ihre verschiedenen Behausungen miteinander verbunden.
Das Sprachspiel aber lässt sich noch etwas weiterführen. „See“, die dritte Silbe von Hiddensee, bezieht sich wohl zuerst einmal auf die die Insel umgebende Ostsee. Nehmen wir aber wiederum das Wortspiel mit dem Englischen auf, so kommt man zu „(to) see“, also „sehen“. Und was sehen die Gestrandeten, die Schiffsbrüchigen, die Pilger vom Klausner aus? Bei ganz klarem Wetter können sie in der Ferne die dänische Insel Møn sehen. Sie ist ca. 50 km entfernt und steht für die unerreichbare Freiheit.
Zusammenfassen lassen sich die Themen der beiden Werke wie folgt: einerseits gibt es den Rückzug aus der Gesellschaft und damit verbunden Kritik an eben dieser Gesellschaft und andererseits die Isolation, aus der dann eine Art Neugeburt entsteht. Beide Romane beschreiben also Entwicklungen, es werden aber keine endgültigen Lösungen angeboten. In Die neuen Leiden des jungen W. finden wir den Versuch einer Neuentwicklung. Ed Wibeau will etwas Anderes als das, was die DDR-Gesellschaft ihm vorschreibt, aber bevor er das verwirklichen kann, kommt er um. Dies könnte dahingehend interpretiert werden, dass die damalige DDR noch nicht bereit war für solche Erneuerungen. Die endgültige Entwicklung des Helden ist also (noch) nicht möglich.
So wie Die neuen Leiden des jungen W. kann auch Kruso als eine Art Entwicklungsroman gelesen werden. Ed Bendler bricht ebenfalls aus dem System des DDR-Staates aus, durchläuft eine Entwicklung innerhalb der Inselgemeinschaft, erlebt dann quasi eine wohl erfolgreiche Wiedergeburt und beginnt nach der Wende ein neues Leben. Seine Zeit in der DDR hat er abgeschlossen zurückgelassen, so wie die Gaststätte Zum Klausner; was die neue Zeit ihm bringen wird, erfahren die Leser allerdings nicht, wenn man von seinen Nachforschungen über die aus der DDR über die Ostsee Geflohenen in Dänemark absieht.
Notes
[1] Ulrich Plenzdorf, Die neuen Leiden des jungen W., o.O.: Suhrkamp Taschenbuch Verlag, 1976. (Alle Seitenangaben beziehen sich auf diese Ausgabe.)
[2] Lutz Seiler, Kruso, Berlin: Suhrkamp Verlag, 2014. (Alle Seitenangaben beziehen sich auf diese Ausgabe.)
[3] http://deutschsprachige-literatur.blogspot.com/2014/02/rezension-die-neuen-leiden-des-jungen-w.html (Web 5. Sept., 2016).
[4] https://beta.welt.de/kultur/article1092978/Autor-der-Neuen-Leiden-des-jungen-W-ist-tot.html?wtrid=crossdevice.welt.desktop.vwo.google-referrer.home-spliturl&betaredirect=true (Web 5. Sept., 2016).
[5] http://www.focus.de/kultur/buecher/ulrich-plenzdorf_aid_69353.html (Web 5. Sept., 2016).
[6] http://www.spiegel.de/kultur/literatur/die-neuen-leiden-des-jungen-w-ulrich-plenzdorf-ist-tot-a-499068.html (Spiegel.de kultur, Aug. 9, 2007, Web 5. Sept., 2016.)
[7] Georg Jäger, “Ein Werther der DDR: Plenzdorfs Neue Leiden des jungen W. im gespaltenen Deutschland.” In G.J. Die Leiden des alten und neuen Werther (Literatur-Kommentare 21), München: Carl Hanser 1984, S. 45-56, 186-190. (Web Sept 5, 2016).
[8] Beispiele hierfür sind u.a. die folgenden Artikel: Eldi Grubišić Pulišelić, Slavija Kabić, „Ich Idiot wollte immer Sieger sein”. Der Anti-Held Wibeau aus Ulrich Plenzdorfs Erzählung „Die neuen Leiden des jungen W.” Zagreber Germanistische Beiträge 16 (2007): 49-75.
[9] An anderer Stelle spricht er von einem bewunderten Musiker, Old Lenz (NL 60), Old Werther (NL 82, 84, 98, 99 et al.), Old Willi und Old Zaremba, was eindeutig Bewunderung ausdrückt.
[10] Edgar beschreibt eine Figur aus einem Film, den er und seine Kumpels in der Ausbildung ansehen sollten: „Er kam in eine prachtvolle Brigade mit einem prachtvollen Brigadier, lernte eine prachtvolle Studentin kennen, deren Eltern waren zwar zuerst dagegen, wurden dann aber noch ganz prachtvoll, als sie sahen, was für ein prachtvoller Junge er doch geworden war … Ich weiß nicht, wer diesen prachtvollen Film gesehen hat, Leute.“ (NL 40-41)
[11] Ein Beispiel betrifft seinen Vorgesetzten: „Trotzdem war das natürlich kein Grund, [dem] olle[n] Flemming die olle Platte auf seinen ollen Zeh zu setzen.“ (NL 14) Er beschreibt, wie er „Charlie auf einen ollen Hocker“ setzt, obwohl er auch „die olle Kerze“ hätte rücken können (NL 54). Oder er sagt, sie renovieren „olle“ Berliner Wohnungen (NL 88).
[12] Peter Wapnewski, Zweihundert Jahre Werthers Leiden oder: Dem war nicht zu helfen. In Plenzdorfs „Neue Leiden des jungen W.“ Materialien, von Peter J. Brenner herausgegeben, Frankfurt/Main: Suhrkamp Verlag, 1982, S. 327.
[13] Marta Harmat, Goethe und Plenzdorf aus heutiger Sicht. Zur Aktualität des Werther-Textes. Trans: Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften Nr. 14, Dez. 2002 (Web 31. Mai, 2016).
[14] Vergleiche hierzu u.a. den literarischen blog: http://deutschsprachige-literatur.blogspot.com/2014/02/rezension-die-neuen-leiden-des-jungen-w.html (Web 5. Sept., 2016).
[15] Lorenz Jäger, Frankfurter Allgemeine Zeitung 11. Sept. 2014. (Web 5. Sept., 2016).
[16] Interview mit Gerrit Bartels vom 6. Okt. 2014. (Web 13. Sept., 2015).
[17] Interview mit Gerrit Bartels vom 6. Okt. 2014 (Web 13. Sept., 2015).
[18] Dies ist eine Anspielung auf Günter Grass, Beim Häuten der Zwiebel. Allerdings assoziiert Edgar mit dem Häuten und Schneiden der Zwiebeln nicht mit einer Erforschung seiner Vergangenheit und verschiedenen Aspekten seiner Persönlichkeit. Für ihn ist es einfach ein Teil seines Jobs.
[19] Auch in der deutschen Literatur des 19. Und 20. Jahrhundert werden Indianer oft als reine, unverdorbene und starke Charaktere beschrieben, die für das Überleben ihres Stammes gegen die vordringenden weißen Siedler kämpfen. Die Romane von Karl May sind nur ein Beispiel hierfür. In gewissem Sinne kämpft auch Kruso in Seilers Roman um einen Ort, in dem das allgegenwärtige, alles durchdringende System der DDR keine Macht hat. Es stellt sich damit auch die Frage, ob Freiheit in der heutigen Zeit noch möglich ist.
[20] Alexander Cammann, Die Zeit 35/2014, 6. Sept 2014 (Web 13. Sept., 2015). Interessant ist vielleicht, dass zwei andere Mitglieder der Band, Paul Landers und Flake Lorenz, heute bei Rammstein mitspielen.
[21] Georg Trakl, 1887-1914, Österreicher, der die Schule verlassen hat und Apotheker geworden ist. Er hat Gedichte über das Schweigen geschrieben und für die Toten, die keine Sprache mehr haben. Er ist an einer Überdosis Kokain im Ersten Weltkrieg verstorben.
[22] Vergleiche hierzu u.a. Christine und Bodo Müller, Über die Ostsee in die Freiheit. Delius, Bielefeld: Klasing Verlag, 2003, S. 52. Zitiert nach Stephanie Hessing, „Mit dem Surfbrett über die Ostsee. Flucht aus der DDR“, http://gefluechtet.de/wp/2015/08/17/mit-dem-surfbrett-ueber-die-ostsee-flucht-aus-der-ddr/ (geflüchtet.de, 17. Aug. 2015, Web. 9. April 2018).
[23] Der Name „Hedinsey“ taucht bereits in der Prosa-Edda und in den Gesta Danorum des Saxo Grammaticus auf und bedeutet so viel wie „Insel des Hedin“. Der legendäre Norwegerkönig Hedin soll hier um eine Frau oder auch nur um Gold gekämpft haben. Unter dänischer Herrschaft war offiziell „Hedins-Oe“ gebräuchlich. Bis 1880 hieß die Insel auch in deutschen Karten noch „Hiddensjö“, 1929 in deutschen Reiseführern noch „Hiddensöe“. Die vollständige Eindeutschung und Umdeutung zu „Hiddensee“ ist also relativ jung.