Sep 2020
V. Von Generation zu Generation: „Listening to the Wind of Change“
Vorwort:
„Listening to the Wind of Change“
Frederick A. Lubich, Norfolk, Virginia
„Listening to the wind of change…
where the children of tomorrow share their dreams“
Scorpions, „Wind of Change”
Unsere Jugendzeit ist für viele von uns, was unser eigenes Leben betrifft, längst Vergangenheit geworden. Für unsere Gesellschaft insgesamt bleiben jedoch unsere Kinder und Kindeskinder für immer unser aller Zukunft. Ich persönlich hatte das große Glück, eine lange Jugendzeit voller Musik gehabt zu haben. Von Kindesbeinen an spielte ich Geige, Klavier und Mandoline und wurde auf diese Weise schon früh nicht nur mit der Tradition unserer deutschen Volkslieder, sondern auch mit der Musik der klassischen und romantischen Schule vertraut. Später in den Jahren unseres jugendlichen Sturm und Drang sollten die Rhythmen des Rock ‘n’ Roll unsere ohnehin schon recht bewegte 68er-Generation noch weiter erregen.
Und auch in den letzten Jahren meiner Lehrtätigkeit hier an der Old Dominion University in Norfolk hatte ich das große Glück, in meinen Sprachklassen und Literaturseminaren immer wieder nicht nur musikalisch sehr interessierte, sondern auch äußerst talentierte Studenten und Studentinnen zu haben, deren musikalisches Wissen und Können mich von Neuem inspirierten und faszinierten. Und nicht zuletzt auch Erinnerungen an meine eigene Jugendzeit in mir hervorriefen. Entsprechend lud ich denn schließlich drei von ihnen ein, ihre eigenen Erfahrungen mit den deutschen Traditionen der sogenannten Ernsten Musik und Unterhaltungsmusik, kurzum der E- und U-Musik, in kürzeren Beiträgen zu dieser vorliegenden Ausgabe etwas eingehender zu beschreiben.
Der erste der drei folgenden Texte stammt von Cheng Luo. Geboren und aufgewachsen in Beijing, studierte er als junger Stipendiat hier an unserer Universität, belegte auch ein gutes halbes Dutzend meiner deutschen Sprach- und Literaturklassen und graduierte vor einigen Jahren als einzig so ernannter „Outstanding University Scholar“ unserer gesamten Universität von rund 25 000 Studierenden. „Berlin-Beijing“, das war damals stets meine Losung für ihn gewesen, wenn es mir darum ging, für seine künftige Karriere einen hohen Erwartungshorizont zu spannen. Und bereits heute ist er in führender Position in einer chinesischen Firma in Manila beschäftigt, hat jedoch seinen Traum, einmal auch in Berlin zu arbeiten, noch längst nicht aufgegeben.
Der zweite Text stammt von Nichole Dorobanov, die zwar in Amerika geboren ist, deren Eltern und Großeltern vor allem bulgarischer und japanischer Herkunft sind und noch tiefe Wurzeln in ihren Ursprungsländern hatten und bis heute haben. Noch bevor Nichole hier an unserer Universität ihren Double Major in Deutsch und Musik mit höchsten Auszeichnungen abschloss, studierte sie auch als Stipendiatin an den Musikkonservatorien in Moskau und Wien, die zu den renommiertesten der Welt zählen, und profilierte sich schon in ganz jungen Jahren zu einer vielgefragten Konzertpianistin von primär deutschen und russischen Komponisten der klassischen, romantischen und modernen Schule.
Der dritte Text stammt von Justin Johnson, „All-American Student“ wie er im Buche steht, der seine amerikanischen Vorfahren bis in die Zeit vor der Amerikanischen Revolution zurückverfolgen kann. Er studiert Deutsch im Hauptfach, und in unseren zahlreichen Gesprächen vor oder nach unseren Seminaren erwähnte er auch immer wieder die deutsche Sängerin Nico, die vor allem in den sechziger und frühen siebziger Jahren eine bedeutende Rolle in der New Yorker Musikszene spielte. Für mich war sie bis dahin nur eine recht schimärische Gestalt gewesen, doch er machte mich immer neugieriger auf sie. Und da auch er offenkundig von ihrer Musik fasziniert war, beschlossen wir, gemeinsam ihrer musikalischen Werk- und Wirkungsgeschichte etwas ausführlicher nachzugehen. (Zu meinem Beitrag siehe weiter oben.)